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Das Berner Stadttheater nimmt Georg Kreislers Musical "Adam Schaf hat Angst" aus dem Programm. Der Grund: Georg Kreislers Witwe und Erbin will verhindern, dass zwei Lieder ausgetauscht werden. Der Verlag stellt sich auf die Seite des Theaters und argumentiert, Bühnenwerke wären "nicht statisch und abgeschlossen, sondern ein lebendiger und wandelbarer Umgang mit Inhalt, Sprache und Musik".
Das ist eine nachgerade beglückende Position, denn sie eröffnet neue Möglichkeiten. Zum Beispiel ist Richard Wagners "Tristan und Isolde" wirklich ein schwerer Brocken. Warum nicht, so quasi zur Entspannung, den Tristan seine Isolde mit dem Hit "Maria" aus Leonard Bernsteins "West Side Story" anschmachten lassen? Zumal man die Nummer flugs auf "Isolde" umtexten kann! Oder William Shakespeares "Macbeth" - auch kein Lustspiel. Um wie viel vergnüglicher könnte der Abend werden, trällerten die beiden Titelgestalten nach Duncans Ermordung einander zu: "Lippen schweigen, ’s flüstern Geigen". Das ist zwar aus der "Lustigen Witwe", aber wo, bitteschön, hat Shakespeare jemals festgelegt, dass in seinen Stücken kein Lehár eingelegt werden darf? Und auch von Franz Lehár ist keine Anweisung vorhanden, dass seine Musik nicht in den "Lear" zu integrieren ist.
Der größte Vorteil in beiden Fällen: Nirgends eine Witwe, die bockig den Willen eines Autors gegen das theatrale Schöpfungszentrum von Dramaturgie- und Regie durchzusetzen versucht.