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Überdurchschnittlich stark steigende Kosten in der Hotellerie fressen die Erträge weg.
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Wien. Zwar verbuchen die heimischen Hotels regelmäßig neue Rekorde - im ersten Halbjahr 2015 kamen so viele Urlauber wie noch nie zuvor, die Nächtigungszahlen stiegen ebenfalls auf einen neuen Höchststand - in den Bilanzen vieler Hotels schaut es jedoch trist aus. Die Hotelbetriebe haben ihre gestiegenen Kosten nicht in den Zimmerpreisen untergebracht, sagt Franz Hartl, Geschäftsführer der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (ÖHT): "Die deutlich über der allgemeinen Inflationsrate gestiegenen Kosten der Hotels haben die Erträge gefressen."
Die Hotels hätten zwischen 2004 und 2014 die Nächtigungspreise über der Inflationsrate von insgesamt 27 Prozent erhöht, der Energiepreisindex sei jedoch zum Beispiel in diesem Zeitraum um 58 Prozent gestiegen. 2014 konnten die Unterkünfte ihre tatsächlich erzielten Preise nicht einmal in Höhe der Inflation anheben.
Deutlich gestiegen ist dagegen der Nettoumsatz der Wiener Hotels heuer von Jänner bis Mai, um 10,2 Prozent auf 244,9 Millionen Euro. Gerade auch der Song-Contest-Monat Mai sei einnahmenmäßig erfreulich gelaufen, so Tourismus-Direktor Norbert Kettner.
Investitionswettlauf
Gäste erwarten heute größere Zimmer als vor zehn Jahren, dazu noch Wellnessbereiche oder Seminarräume. Ein 3-Stern-Betrieb biete heute viel mehr als noch 2004, sagt Hartl: "Hoteliers müssen immer mehr Geld in die Hand nehmen, um die Zimmerpreise erhöhen zu können." Angesichts der globalen Konkurrenz - eine Flugreise kostet mitunter weniger als ein Urlaub in Österreich - müssen Preiserhöhungen allerdings gut überlegt sein.
Die Aktiva der Betriebe sind laut ÖHT zwischen 2004 und 2014 durchschnittlich um 92 Prozent gestiegen, der Erlös pro Nacht nur um 34 Prozent. Nicht viel besser sieht die Situation bei 4- und 5-Stern-Hotels aus, wo der Erlös pro Nacht um 37 Prozent gestiegen ist. "Dieses Missverhältnis muss sich einpendeln. Der Investitionswettlauf kann nicht gutgehen", sagt Hartl. Nach einem hohen Investitionstempo in den vergangenen Jahren zögern die Betriebe laut Hartl nun mit Investitionen. "Einige Betriebe können nicht mehr mithalten."
30 Prozent weniger Russen
Die Stimmung in der Branche trübt die Steuerreform, die unter anderem mit einer Mehrwertsteuer-Erhöhung auf Hotelnächtigungen von 10 auf 13 Prozent ab 1. Mai 2016 gegenfinanziert werden soll. "Die Mehrwertsteuer-Erhöhung wird die Erträge auffressen, die Mehrheit der Betriebe wird dann Verluste machen", erwartet Hartl. Im Vorjahr lag das durchschnittliche Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) in der Hotellerie bei 2,14 Prozent.
Was hingegen die Nächtigungsstatistik angeht, stimmen die hohen Temperaturen die Touristiker positiv für die laufende Sommersaison: "Aufgrund des Traumwetters im Juli ist eine Fortsetzung dieser guten Entwicklung zu erwarten. Buchungslage und Stimmung in den Tourismusregionen passen", sagt Wirtschafts- und Tourismusminister Reinhold Mitterlehner.
Zum Saisonauftakt stieg die Zahl der Urlauber und Nächtigungen auf einen neuen Rekord: Die Urlauberzahl stieg um 3,9 Prozent auf den neuen Höchstwert von 6,12 Millionen. Erstmals kletterte die Nächtigungszahl mit 17,14 Millionen (plus 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum) auf mehr als 17 Millionen. Für das Plus waren vor allem ausländische Gäste verantwortlich, in absoluten Zahlen hauptsächlich Deutsche, US-Amerikaner, Niederländer, Schweizer und Liechtensteiner sowie Briten. Aus Russland sanken die Gästenächtigungen im Jahresabstand jedoch um 30,2 Prozent oder 51.000 Nächtigungen.
Die Zahl der Nächtigungen von ausländischen Gästen legte insgesamt um 3,7 Prozent zu, während die Zahl inländischer Gästenächtigungen um 0,7 Prozent zurückging. "Dieses Minus ist schmerzlich", sagt Petra Nocker-Schwarzenbacher, Obfrau der Bundessparte Tourismus in der Wirtschaftskammer Österreich.
Im ersten Halbjahr gab es hingegen sowohl bei inländischen als auch bei ausländischen Gästen ein Plus. Die Nächtigungszahl stieg - vor allem dank deutscher Gäste - auf den Rekord von 67,83 Millionen (plus 2,3 Prozent), die Urlauberzahl nahm um vier Prozent auf 18,73 Millionen zu.
Die Tourismus-Hot-Spots
In der Sommersaison ist Wien einsamer Spitzenreiter bei den Nächtigungen, wie eine Auswertung der Statistik Austria nach Gemeinden zeigt. Die Bundeshauptstadt verzeichnete im Sommer 2014 fast fünf Mal so viele Nächtigungen wie Salzburg auf Platz zwei. Mit Innsbruck folgt dahinter die nächste Stadt, vor Mittelberg im Kleinwalsertal in Vorarlberg und Zell am See, das als Lieblingsdestination arabischer Gäste in Österreich gilt.
Im Winter ist der Abstand der Top-Destinationen hinter der Nummer eins Wien kleiner. Die Wintersportorte Sölden, Saalbach-Hinterglemm und Ischgl folgten im Winter 2013/14, vor Salzburg auf Rang fünf.