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Triumph der Lokalheroen

Von WZ-Korrespondent Klaus Stimeder

Politik

Die Ergebnisse der New Yorker Vorwahlen hätten eindeutiger kaum ausfallen können.


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New York. Das interessanteste an diesem denkwürdigen Abend waren vielleicht die Reden der Gewinner. Nachdem bereits am frühen Abend feststand, dass Donald Trump auf Seiten der Republikaner und Hillary Clinton bei den Demokraten die New Yorker Vorwahlen zur Nominierung der US-Präsidentschaftskandidaten in eindrucksvoller Weise gewonnen hatten, traten sie vor ihre Anhänger, bedankten sich und erzählten dann von ihren Plänen für Land und Leute.

Inhaltlich ergab sich dabei nichts Neues – Clinton präsentierte sich als Vorkämpferin für Mittelklasse und Minderheiten, Trump als erfahrener Business-Mann –, aber der Unterschied zu all ihren bisherigen Siegesreden lag im Ton und in den Nuancen. Im Fall Trumps allem voran in dem, was er nicht sagte: keine Erwähnung von Mauern, Einreiseverboten für Muslime und keine Vorschläge für neue Foltermethoden, dafür zahlreiche Verweise auf die von ihm gepflegten Freundschaften zu (teilweise physisch anwesenden) Wirtschafts-Kapazundern. Mit anderen Worten: Der Abend gab einen ziemlich umfassenden und bezeichnenden Eindruck davon, wie sich der Wahlkampf ums Weiße Haus im Herbst abspielen könnte.

Erlauben konnten sich die zwei Kandidaten das, weil sie in dem Bundesstaat, in dem beide ihren Hauptwohnsitz haben (Clinton in der Kleinstadt Chappaqua in Upstate New York, Trump in Manhattan) die Konkurrenz, man kann es nicht anders sagen, gedemütigt haben. Um ein Uhr morgens Ortzeit stand es im Match Clinton gegen Bernie Sanders 57,9 Prozent zu 42,1.

Noch deutlicher das Ergebnis bei den Republikanern. Trump erzielte in New York State sagenhafte 60,5 Prozent Stimmenanteil. Als erster Verfolger stellte sich nicht, wie bisher in der Regel, der erzkonservative texanische Senator Ted Cruz heraus, sondern der Pragmatiker John Kasich. Während Cruz knapp unter der 15-Prozent-Marke liegen blieb, schaffte der Gouverneur von Ohio immerhin 25,1 was sich sogar in Delegiertenstimmen niederschlug. New York entsendet deren 95 zum Parteitag der Republikaner in Cleveland im Juli und Kasich sicherte sich an diesem Abend immerhin drei davon. Um Trump und Cruz beim fortlaufenden "Delegate Count" nahe zu kommen, reicht das freilich noch lange nicht. Aber der Achtungserfolg im Empire State gibt Kasich vorerst wieder ein bisschen Zeit zum Verschnaufen und, wichtiger, ein Argument, trotz allem im Rennen zu bleiben.

Während man den Sieg Trumps allgemein erwartet hatte – wenn auch nicht dermaßen eindrucksvoll, das Ausmaß erwischte die professionellen Beobachter wie die Meinungsforscher am falschen Fuß – fiel der Triumph von Clinton dann doch ein bisschen überraschend aus. Die Anhänger wie die Wahlkampfmanager von Bernie Sanders, dem Senator von Vermont, hatten große Hoffnungen in New York State gesetzt. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass Sanders in Brooklyn geboren und aufgewachsen ist.

Aber weil die berühmt-berüchtigte "Clinton Machine" in New York, das die ehemalige Außenministerin und First Lady acht Jahre lang im Senat repräsentierte, von Anfang an nichts dem Zufall überließ, stagnierte der 74-Jährige trotz so zahlreicher wie extrem gut besuchter Wahlkampf-Events seit Wochen in den Umfragen.

Für Clinton geht es nunmehr darum, binnen der kommenden sieben Tage den Sack de facto zuzumachen. Am 26. April, kommenden Dienstag, findet der nächste "Super Tuesday" statt. Dann entscheiden die Wählerinnen und Wähler in Pennsylvania, Connecticut, Maryland, Delaware und Rhode Island, wen sie als Nachfolger von Barack Obama im Weißen Haus sehen wollen. Sollte es Sanders nicht schaffen, zumindest drei davon zu gewinnen, wird es für ihn zunehmend schwierig werden, seinen Parteifreunden wie den Medien zu erklären, warum er im Rennen bleibt. Bei den Republikanern ist das letzte Wort auch dann noch nicht gesprochen, wenn Trump auch in diesen Bundesstaaten durchmarschiert, weil es bei seiner Partei am Ende nicht um Siege an der Urne, sondern um jede einzelne Delegiertenstimme geht, die man sicher in seinem Lager hat. Aber die neue Dynamik, die New York diesbezüglich ins Rennen gebracht hat, ist unbestritten: An Trump führt für die Republikaner nunmehr wirklich kein Weg mehr vorbei. Die einzige Frage bleibt, wie sie mit diesem Dilemma umgehen.