Bauern mit Vieh stehen im Alpenvorland vor großen Problemen durch den Klimawandel. Ein Freilandexperiment sucht nach Lösungen.
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Wien. Es ist das typische Landschaftsbild, das auch Städter kennen: satte grüne Wiesen und Bauernhöfe mit Kühen. Dieses Grünland spielt in Österreichs Landwirtschaft eine besondere Rolle - samt positivem Nebeneffekt für den Tourismus. Gerade diese typischen Grünlandregionen im Alpenvorland, in den Voralpen und am Alpenostrand sind durch Trockenheit aufgrund des Klimawandels besonders gefährdet.
Klimaszenarien lassen eine Reduktion des Wasserangebots von zehn Prozent, im Mühl- und Walviertel von 20 Prozent und im schlimmsten Fall bis 40 Prozent erwarten. Andreas Schaumberger, Experte der landwirtschaftlichen Forschungseinrichtung im steirischen Raumberg-Gumpenstein, warnt in der "Wiener Zeitung" vor existenziellen Folgen für die Bauern: "Tritt ein solches Szenario ein, ist die Aufrechterhaltung der Grünlandbewirtschaftung in den betroffenen Regionen nur schwer zu bewältigen."
Schaumberger verweist darauf, dass bereits in den vergangenen Jahren die Häufigkeit und Intensität von Trockenperioden in den Grünlandgebieten im Alpenvorland und den Voralpen zugenommen habe. Es sei "sehr wahrscheinlich, dass diese Extremereignisse zunehmen", was eine "große Herausforderung" für viele bäuerliche Betriebe mit Grünland und Viehwirtschaft bedeute. Herangezogen wurden Berechnungen des Wasserangebots mit Klimamodellen, bei denen die Perioden von 1981 bis 2010 und 2071 bis 2100 verglichen wurden.
Weniger Ertrag, Ernteausfälle
Im typischen Grünlandbereich wird es schwierig, die bisherige Bewirtschaftung aufrechtzuerhalten. In den bereits heute trockenen Gebieten des südlichen und nordöstlichen Flach- und Hügellandes wird das Wasserangebot um weitere zehn bis 30 Prozent zurückgehen, zeigen Szenarien.
Im Bergland mit dem höchsten Anteil an Gründlandflächen zeigt sich kein einheitliches Bild. Es gibt Szenarien mit bis zu 60 Prozent Wasserrückgang. Schaumberger streicht hervor, dass aber auch Veränderungen ohne extreme Ausmaße mit ab und zu auftretenden Dürreperioden im Bergland für viele bäuerliche Betriebe "katastrophale Folgen" haben.
Im Grünland haben geringere Erträge oder sogar Ernteausfälle unmittelbare Folgen für die Futterversorgung des Viehs, speziell für Rinder. Den Bauern bleibt als Alternative letztlich nur der teure Zukauf von Futter, wenn dies überhaupt vorhanden ist, oder eine Reduktion des Viehbestands.
Nach neuesten Klimaszenarien wird sich die Vegetationsperiode durch die Erwärmung schon in naher Zukunft um durchschnittlich 20 Tage ausdehnen. Bis zum Ende des Jahrhunderts werden es bis zu zwei Monate mehr sein. Für das Grünland bedeutet dies, wie der Experte erläutert, dass Wiesen zwar früher und öfter gemäht werden können. Allerdings wachse auch das Risiko für frühe Trockenperioden oder extreme Kälteeinbrüche.
In einem weltweit einzigarten Freilandexperiment läuft in der Forschungsstelle Raumberg-Gumpenstein eine wissenschaftliche Untersuchung zur Veränderung der Pflanzenbestände im Grünland. Ziel des Experiments sei, Auswirkungen richtig einzuschätzen und "Lösungen zu erarbeiten, um die traditionelle Bewirtschaftung des Alpenraums auch in einem sich verändernden Klima aufrechtzuerhalten". Auf 54 Versuchsparzellen können die Klimaänderungen simuliert werden.
Erste Ergebnisse liegen vor. Sie zeigen laut Schaumberger, dass sich Gründlandpflanzen im wärmeren Klima etwas schneller entwickeln. Gräser mit hohem Futterwert für Vieh reagieren empfindlicher. Höhere Temperaturen führten zum Rückgang der Erträge bis zu zehn Prozent. Tritt auch Dürre auf, reduziert das die Ernteerträge um mehr als 50 Prozent.
Folgen allerdings auf eine Trockenperiode ausreichend Niederschläge, könne sich Grünland "erstaunlich gut erholen", erklärt er. Bei längerer Dürre muss der Bauer mit Nach- oder Neusaat reagieren. Eine für Bauern dramatische Nebenfolge ist das vermehrte Auftreten von Schädlingen wie Engerlingen oder Feldmäusen. Mit solch lästigen Plagen kämpfen Bauern regional teils schon heuer.
Katastrophenfonds ändern
In der Land- und Forstwirtschaft sei die Klimaveränderung schon "dramatisch spürbar", sagt der Präsident des Bauernbundes, Georg Strasser: "Wenn sich das Klima weiter so schnell erwärmt, trocknet uns das Grünland aus." Gepflegte Wiesen und Weiden hätten auch positive Nebeneffekte auf Umwelt und Freizeitnutzer.
Gegenmaßnahmen gebe es bereits. So müssten klimafitte Sorten Einzug in die Praxis finden. In Extremjahren wie 2018 habe es eine finanzielle Abgeltung der Trockenschäden durch Bund und Länder gebraucht. Strasser sieht die Politik nun gefordert: "Es wird notwendig sein, den Katastrophenfonds im Hinblick auf Klimaschäden und steigenden Schädlingsdruck neu zu denken."