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Troika-Prüfer auf dem Prüfstand

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Abgeordnetenhaus zweifelt demokratische Rechtmäßigkeit an.


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Brüssel/Straßburg. Unumstritten war das Vorgehen der Troika von Anfang an nicht. Die Gruppe aus Vertretern der EU-Kommission, Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF), die die Umsetzung der Sparauflagen in Krisenländern wie Griechenland oder Portugal überprüfen soll, sorgt nicht nur für Kritik in den betroffenen Staaten. Auch im EU-Parlament mehren sich die Vorwürfe an die Kontrolleure. So stellen die Mandatare die Frage nach der demokratischen Legitimität der Troika. Und für den Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses, Othmar Karas, ist klar: Diese Rechtmäßigkeit sei nur dann gegeben, wenn das Parlament bei den finanziellen Hilfsprogrammen mitentscheiden kann.

Gemeinsam mit dem französischen Sozialdemokraten Liem Hoan Ngoc hat der ÖVP-Mandatar einen Bericht zur Evaluierung der Arbeit der internationalen Prüfer verfasst. Am heutigen Donnerstag wird der Entwurf dem zuständigen Wirtschaftsausschuss vorgestellt, und im April könnte das Plenum darüber abstimmen. Zuvor waren einige Hauptakteure der Hilfsaktionen zu Anhörungen im Straßburger Abgeordnetenhaus eingeladen: Wirtschaftskommissar Olli Rehn, der ehemalige EZB-Präsident Jean-Claude Trichet und Klaus Regling, Generaldirektor des Euro-Rettungsschirms ESM.

Im völligen Gleichklang befanden sie sich nicht. Denn innerhalb der Troika selbst gab es unterschiedliche Beurteilungen, wie auch aus dem Parlamentsbericht hervorgeht. So habe der IWF zugegeben, dass die Auswirkungen der Sparprogramme auf das Wirtschaftswachstum unterschätzt worden seien, was die EU-Kommission wiederum anzweifelte. Ebenso setzte der Währungsfonds eher auf innere Abwertung durch Strukturreformen als auf Haushaltskonsolidierung, der die Brüsseler Behörde den Vorzug gab.

Undisziplinierte Staaten

Allerdings gibt es ebenso Stimmen, die sagen, dass die Krisen in den jeweiligen Ländern nicht so schwerwiegend ausfallen hätten müssen. Das gab etwa Ex-EZB-Präsident Trichet zu verstehen. Schon 2005 habe er die Mitgliedstaaten vor wachsenden ökonomischen Ungleichgewichten gewarnt und darauf hingewiesen, dass die Frage der Steuerung in der Wirtschafts- und Währungspolitik zentral sei. Da diese aber - als ein gemeinsames Instrument - fehle, wären die Vorgaben des Wachstums- und Stabilitätspaktes für mehr Haushaltsdisziplin als einziger Ausgleich für diesen Mangel wichtig gewesen. Damals sei diese Meinung aber noch nicht von allen Staaten geteilt worden, erklärte Trichet vor den EU-Parlamentariern.

Doch auch er verteidigte die Arbeit der Troika, selbst wenn diese nicht immer "perfekt" gewesen sei. Immerhin haben die Prüfer unter "extrem schwierigen Umständen" gehandelt.

Das betonte ebenfalls ESM-Direktor Regling bei seinem Auftritt in Straßburg. Es habe damals keinen vorbereiteten Rahmen und keine Mittel gegeben, um schnell auf die Krise zu reagieren. Daher wurde der Ansatz der Troika geschaffen. Dass es erst diese gewesen sei, die die Staaten in noch größere wirtschaftliche und soziale Probleme inklusive steigender Arbeitslosigkeit gestürzt habe, wie Skeptiker meinen, wies Regling zurück. Die Alternative zu den Sparvorgaben wäre keineswegs schmerzlos gewesen: ungeordneter Bankrott bis hin zum Austritt aus der Währungsgemeinschaft.

Die Frage nach der demokratischen Rechtmäßigkeit wollte Regling ebenfalls relativiert wissen. "Die Troika berät bei der Umsetzung der Maßnahmen, die Beschlüsse dazu fällen aber demokratisch legitimierte Regierungen", sagte er. Die Finanzminister der Euro-Staaten beraten darüber, und so mancher von ihnen musste sich ein Mandat für seine Zustimmung im Parlament seines Landes holen.

Doch auch Regling gehört zu denen, die Änderungen bei künftigen Kontroll-Missionen nicht ausschließen - bis hin zur möglichen Abschaffung der Troika in ihrer jetzigen Form. So hatte er sich vor Monaten dafür ausgesprochen, dass die Staaten selbst die Hilfsprogramme stemmen. Da aber bei diesen der IWF eine jahrzehntelange Erfahrung habe, sollte er fürs Erste an der Ausarbeitung beteiligt bleiben.