Zum Hauptinhalt springen

Trotz Mängel "einiges bewegt"

Von Martyna Czarnowska

Politik

Der Tod des nigerianischen Schubhäftlings Marcus Omofuma im Mai 1999 gab den Ausschlag, einen Menschenrechtsbeirat beim Bundesministerium für Inneres einzurichten. Nach eineinhalb Jahren liegt der erste Tätigkeitsbericht des Beirats auf dem Tisch. Während der Vorsitzende Gerhart Holzinger eine positive Entwicklung der Menschenrechtssituation in der Sicherheitsexekutive sieht, halten sich einige nichtstaatliche Organisationen mit Optimismus zurück.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 24 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Mängel in der Sicherheitsexutive wollte der Vorsitzende des Menschenrechtsbeirats zwar nicht leugnen. Doch habe sich während der letzten Jahre "einiges bewegt", betonte Gerhart Holzinger anlässlich der Präsentation des ersten Tätigkeitsberichts. Immerhin habe der Beirat 142 Dienststellen der Exekutive "besucht und kontrolliert", 92 Empfehlungen zur Verbesserung der Menschenrechtssituation in der Sicherheitsexekutive an den Innenminister erstattet sowie zwei Berichte vorgelegt.

Als "verlängerter Arm" fungieren dabei sechs regionale Kommissionen, die von Juli bis Dezember des Vorjahres fünf Dringlichkeitsberichte erstatteten. So schien ihnen sofortiges Einschreiten geboten, als in der Grenzbezirksstelle Jennersdorf/Minihof rechtlich nicht gedeckte Schubhaftverhängung festgestellt wurde.

Voll des Lobs angesichts der Tätigkeit des Beirats äußerte sich darauf Ernst Strasser: Unersetzbar sei der Menschenrechtsbeirat als Beratungs- und Controllingorgan geworden - und mittlerweile auch international anerkannt. Dabei sei das Gremium nicht als "Aufpasser" und "Gegner der Exekutive" zu sehen, sondern als Partner, der helfe, Mängel zu minimieren.

Einige davon seien bereits behoben, erklärte der Innenminister. Denn 52 Empfehlungen des Beirats sind bereits umgesetzt, 33 sind in Umsetzung, bei 7 sind weitere Gespräche zu führen. So bleibt die Altersfeststellung bei minderjährigen AusländerInnen fürs erste nur eine Empfehlung. Da es derzeit keine international begründete wissenschaftliche Methode zur Feststellung gebe, habe das Innenministerium angeordnet, das Alter nicht festzustellen und im Zweifel von einer behaupteten Minderjährigkeit auszugehen.

Das wiederum missfällt der FPÖ. Es sollte eine allgemein gültige Regelung zur Altersfeststellung von Schubhäftlingen geben, stellte Sicherheitssprecherin Helene Partik-Pable fest. Andernfalls werde "Missbrauch Tür und Tor geöffnet".

Anders lautet die Kritik der Grünen. Zentrale Forderungen des Beirats seien immer noch nicht umgesetzt, stellte Migrationssprecherin Terezija Stoisits fest. So würden noch immer minderjährige Asylwerber in Schubhaft gesteckt. Strasser hatte zuvor erklärt, dass dies bei AsylwerberInnen unter 14 Jahren auf keinen Fall und bei jenen über 14 Jahren "nach Möglichkeit nicht" vorkommt.

Unterschiedlich fallen die Reaktionen seitens der nichtstaatlichen Organisationen aus. Deren VertreterInnen stellen die Hälfte der Mitglieder des zehnköpfigen Menschenrechtsbeirats. Ähnlich zufrieden wie dessen Vorsitzender Holzinger zeigte sich gestern Günter Ecker, der Geschäftsführer von SOS-Menschenrechte. "Der Beirat hat in kurzer Zeit deutlich mehr leisten können, als von ihm erwartet wurde", meinte er gegenüber der "Wiener Zeitung". Wenn auch einige Forderungen fürs erste unerfüllt bleiben, so wurden doch etlich strukturelle Defizite aufgezeigt.

"Politische Lösung gefragt"

Zurückhaltender bleibt die Caritas. Sie werde noch keine Bilanz ziehen, vielmehr sei weitere Beobachtung angesagt, erklärte der Sprecher der Caritas Wien, Peter Wesely.

Auf Probleme, die einer politischen Lösung harren, verweist hingegen der Geschäftsführer des Evangelischen Flüchtlingsdienstes der Diakonie Österreich, Michael Bubik. So biete sich dem Beirat zwar die Möglichkeit, Verbesserungen im Vollzugsbereich zu erreichen. Doch an Vorschriften ändere dies nichts. Immer noch sei es "ein unwürdiges Spiel", das mit AsylwerberInnen getrieben werde, wenn sie mittellos "auf die Straße gesetzt werden", führt Bubik aus. Daher lautet eine langjährige Forderung der Diakonie: Mindestversorgung für die Dauer des Asylverfahrens. Doch dafür sei politischer Wille notwendig, betont Bubik. Ohne diesen werde auch der Menschenrechtsbeirat kaum etwas bewirken.