Einige Skigebiete hat der Verein für Konsumenteninformation bereits abgemahnt. Ein Einzelverfahren ist anhängig.
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Es seien Freizeit-Dienstleistungen, die innerhalb eines genau angegebenen Zeitraums erbracht werden: "Der Gast hat daher kein Rücktrittsrecht", ist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des einen Skiliftbetreibers, in diesem Fall der Semmering Hirschenkogel Bergbahnen GmbH, zum Online-Kauf der Skiliftkarten zu lesen. Von einem anderen, der Bergbahnen Stuhleck GmbH, heißt es hingegen: "Handelt es sich beim Gast um einen Verbraucher, so kann der Gast (. . .) von dem Online Ticket Kauf innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zurücktreten." Ein paar Absätze weiter allerdings: "Kein Rücktrittsrecht des Gastes besteht, wenn der Leistungszeitraum für das Ticket zur Gänze innerhalb der Rücktrittsfrist liegt."
Was konkret ist damit gemeint und vor allem: Was gilt nun wirklich? Oder anders gefragt: Darf sich jeder seine AGB zum Online-Kauf stricken, oder hätte ein Konsument Chancen bei einem Verfahren, weil der Betreiber durch diese doch nicht immer abgesichert ist?
Zweiteres ist der Fall. Denn: "Im Bereich des Online-Kaufs von Skiliftkarten gilt das Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz, und dieses ist zugunsten des Verbrauchers einseitig zwingend", sagt der Wiener Rechtsanwalt Stephan Foglar-Deinhardstein von Kosch & Partner Rechtsanwälte GmbH, der unter anderem auf Zivil- und AGB-Recht spezialisiert ist. "AGB dürfen den Verbraucher gegenüber dem FAGG daher nicht schlechterstellen." Dem Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG) zufolge kann der Verbraucher binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zurücktreten (§ 11 FAGG). Es gebe allerdings Ausnahmen, die auch im Zusammenhang mit Liftkarten relevant sein könnten, so Foglar-Deinhardstein - doch dazu später.
Noch wenig Rechtsprechung
Laut Beate Gelbmann, Rechtsexpertin im Verein für Konsumenteninformation (VKI), hat dieser bereits einige Skigebiete abgemahnt. Darunter zum Beispiel Ski amadé oder die Schmittenhöhe, "weil diese gegenüber Verbrauchern behauptet hatten, dass es weitgehend kein Recht auf Rückerstattung gibt", so Gelbmann zur "Wiener Zeitung". Beschwerden zum Thema Rücktrittsrecht und Rückerstattung von Skiliftkarten seien im Moment, während der völlig neuen Situation der Covid-19-Pandemie, einer der Schwerpunkte des VKI. "Wir kommen teilweise gar nicht nach", sagt Gelbmann. Ein Einzelverfahren sei bereits anhängig.
Bei den Beschwerden gehe es vor allem um die Rückerstattung von Skiliftkarten durch den ersten Lockdown Mitte März 2020, unter anderem auch um anteilige Rückerstattung bei Saisonkarten und nicht immer um Online-Käufe. Damals wurden sämtliche Skigebiete innerhalb kürzester Zeit auf Basis des Epidemiegesetzes geschlossen. Im Moment ist es so, dass zwei Meter Abstand eingehalten und FFP2-Masken bei den Liften und in den Gondeln getragen werden müssen. Die Besucherzahl ist begrenzt, komplette Schließungen standen erneut im Raum. Und das, während einige Skigebiete der Ostregion für die Semesterferien aufgrund der Hotellerieschließung bereits ausgebucht sind. Das Problem sei, so Gelbmann, dass es zu dieser besonderen Situation wenig Rechtsprechung gebe. "In einem Jahr werden wir sie sicher haben", meint sie.
Ware versus Dienstleistung
Denn so einfach ist die Sache mit dem Rücktrittsrecht dann doch wieder nicht. Das FAGG gilt grundsätzlich nur für außerhalb von Geschäftsräumen und/oder im Fernabsatz geschlossene Verträge, also für per Mail, Telefon oder eben online gekaufte Waren und Dienstleistungen. So nachvollziehbar ein Rücktrittsrecht bei online gekauften Waren wie Hosen, Sofas oder Lampen ist, so kompliziert kann es bei Dienstleistungen werden - wie eben Skiliftkarten, bei denen es um die Nutzung des Skigebiets geht. In einigen Fällen könnte ein Rücktritt binnen 14 Tagen somit selbst beim Online-Kauf nicht legitim sein.
So sind, worauf auch Foglar-Deinhardstein hinweist, in den Ausnahmen vom Rücktrittsrecht (§ 18 FAGG) zum Beispiel Verträge über Freizeit-Dienstleistungen ausgenommen, "sofern jeweils für die Vertragserfüllung durch den Unternehmer ein bestimmter Zeitpunkt oder Zeitraum vertraglich vorgesehen ist". Auf diese Passage stützen sich die eingangs erwähnten AGB. Der Grund dieser Ausnahme besteht laut VKI-Juristin Gelbmann darin, "dass ein Rücktrittsrecht bei bestimmten Dienstleistungen unangebracht ist, bei denen der Vertragsabschluss die Bereitstellung von Kapazitäten mit sich bringt, die der Unternehmer im Fall der Ausübung des Widerrufsrechts möglicherweise nicht mehr anderweitig nutzen kann". Gerade jetzt, wo es in Skigebieten nur ein beschränktes Kontingent gibt, könnte diese Ausnahmebestimmung vorliegen, so Gelbmann. Eine Rechtsprechung im Zusammenhang mit Skigebieten gebe es dazu aber noch nicht.
Klick aufs AGB-Kästchen
Eine weitere Regelung, die nur bei Dienstleistungen gilt: Im Gegensatz zu Warenkäufen, bei denen die Rücktrittsfrist mit Zustellung der Ware beginnt, läuft diese bei Dienstleistungen bereits ab dem Tag des Vertragsabschlusses. Um zu vermeiden, dass Konsumenten die Dienstleistung innerhalb der Frist konsumieren und danach den Rücktritt erklären, vereinbaren manche Unternehmer, dass der Anspruch auf diese erst nach Ablauf der Frist besteht. Um hier kundenfreundlicher agieren zu können, können Unternehmen laut Foglar-Deinhardstein Verbraucher auffordern, dass sie in Kenntnis des Rücktrittsrechts den Wunsch bestätigen, eine Dienstleistung schon früher in Anspruch nehmen zu können - zum Beispiel durch einen Klick auf das Kontrollkästchen für die AGB beim Online-Kauf.
"Falls nun jemand eine Skilift-Wochenkarte für die kommende Woche kauft und nur drei Tage fährt, muss er diese drei Tage jedenfalls bezahlen, auch wenn er vom Rest tatsächlich zurücktreten könnte", sagt Foglar-Deinhardstein. Wird die Leistung innerhalb der 14-tägigen Frist vollständig erbracht, kann der Verbraucher freilich nicht mehr davon zurücktreten (siehe der eingangs erwähnte Satz in den AGB: "Kein Rücktrittsrecht des Gastes besteht, wenn der Leistungszeitraum für das Ticket zur Gänze innerhalb der Rücktrittsfrist liegt"). Bucht er für einen Zeitraum mehr als zwei Wochen später, könnte er nur in den zwei Wochen nach dem Kauf zurücktreten.
Bleiben noch etwaige Klauseln zu Rechtsfolgen bei höherer Gewalt, durch die in den AGB begründet werden kann, dass der Anspruch auf Entgelterstattung wegfällt - unabhängig davon, ob die Karte online gekauft wurde oder nicht. Bei analog gekauften Karten gibt es kein generelles Rücktrittsrecht, mitunter könnte sich eine Auflösungsmöglichkeit aber bei höherer Gewalt ergeben. Diese beinhaltet sämtliche Ereignisse, die unvorhersehbar waren, oder solche, die außerhalb des Einflussbereichs des Verkäufers liegen. Sie machen es unmöglich, dass die Leistung erbracht werden kann.
Einsicht in AGB wesentlich
Ob eine solche Klausel wirksam ist, die das Risiko der Covid-19-Pandemie vergleichbar zu einem Sturm oder Lawinengefahr dem Konsumenten zuweist, sei im Rahmen einer Interessenabwägung zu beurteilen - und in der Regel wohl zu bejahen, sagt Foglar-Deinhardstein. Voraussetzung sei aber immer, dass die AGB zuvor auch Vertragsinhalt wurden: "Es kommt immer darauf an, ob der Skifahrer mit dem Kauf der Liftkarte die Möglichkeit hatte, in die AGB Einsicht zu nehmen." Waren sie im Kassenbereich ausgehängt oder online abrufbar? Erst dann würden die AGB Vertragsinhalt. "Wenn sie in der Schreibtischlade liegen, genügt das nicht."