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Trotz Teilniederlagen setzt Berlusconi Mediengesetz durch

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Mit einer klaren Mehrheit hat die italienische Regierungskoalition von Silvio Berlusconi Donnerstag das umstrittene Mediengesetz durchgesetzt. Allerdings bekam wie schon Mittwoch auch Donnerstag wieder ein Abänderungsantrag der Opposition eine Mehrheit. Jetzt muss das Gesetz noch einmal den Senat passieren, der es schon verabschiedet hatte.


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Während der Abstimmungen über insgesamt 111 Abänderungsanträge der Opposition kam es teilweise zu stürmischen Auseinandersetzungen. So musste Parlamentspräsident Pierferdinando Casini Donnerstag Vormittag warnen: "Ich sehe auf dem Abstimmungscomputer zu viele Stimmen."

Als die Opposition knapp vor 11 Uhr Vormittag ein zweites Mal die Regierung mit nur einer Stimme Vorsprung überrundete, meldete sich ein Abgeordneter von Berlusconis Partei Forza Italia zu Wort und meinte, er hätte sich bei der Abstimmung geirrt. Der Parlamentspräsident antwortete ihm: "Wir werden es zu Protokoll nehmen".

Tatsächlich hatte die Abstimmungsniederlage am Mittwochnachmittag bei Premierminister Berlusconi alle Alarmglocken läuten lassen. Nach außen hin versuchte er die Niederlage zwar als unwesentlichen Zwischenfall herunterzuspielen, er verlangte aber die Namen jener Abgeordneten seiner Koalition, die nicht an der Abstimmung teilgenommen haben. Indirekt werden Mandatare von Gianfranco Finis Alleanza Nazionale beschuldigt, entweder der Abstimmung ferngeblieben zu sein oder in der geheimen Abstimmung als "Heckenschützen" mit der Opposition gestimmt zu haben.

Politische Beobachter in Rom sehen auch einen Zusammenhang mit einem Abendessen am Dienstag, an dem Berlusconi, Fini und die beiden Christdemokraten Pierferddinando Casini und Marco Follini teilgenommen haben. Fini und die Christdemokraten sollen bei dieser Gelegenheit unter anderem gefordert haben, den ungeliebten Koalitionspartner Umberto Bossi und seine Lega Nord stärker an die Kandare zu nehmen. Besonders die Christdemokraten sind erbost über die jüngst von Bossi gegen sie gerittenen Attacken. Er hatte gemeint, sie hätten seinerzeit das Land ruiniert und man hätte einige von ihnen erschießen sollen. Die Gäste stießen aber auch mit ihrem Wunsch nach einer Regierungsumbildung im Jänner bei Berlusconi auf taube Ohren.

Es wird also durchaus für möglich gehalten, dass die Abstimmungspannen für das Mediengesetz, das Berlusconi aus eigenen Interesse besonders wichtig ist, ein Schuss vor den Bug des Premiers sein könnte. Der Koordinator von Berlusconis Forza Italia, Sandro Bondi drückte es unmissverständlich aus: "Offensichtlich kontrolliert Gianfranco die Seinen nicht. Unter den Männern Finis ist etwas passiert"

Paketbombe explodierte im Arbeitsministerium

Ein Paket mit einer Videokassette, das per Post an das römische Arbeitsministerium geschickt worden war, ist am Donnerstag explodiert. Nach Angaben der Polizei wurde dabei niemand verletzt. Das römische Arbeitsministerium ist seit längerem Ziel von Terroristen. Im März des vergangenen Jahres war der enge Mitarbeiter des Ministers Maroni, Marco Biagi, von einem Terroristenkommando in Bologna erschossen worden.