)
Interview: Kosovos Premier Hashim Thaci fordert Umdenken in Serbien. | Spaltung des Kosovo nicht akzeptabel. | "Exzellente Beziehungen" zu den USA. | "Wiener Zeitung":Der Kosovo ist auf den Schutz der Nato angewiesen, seine Regierung wird von einem internationalen Komitee beaufsichtigt. Wie unabhängig ist er eineinhalb Monate nach der Unabhängigkeitserklärung?
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Hashim Thaci: Kosovo ist ein unabhängiges und demokratisches Land wie jeder Staat in der Region. Ich bin sehr stolz, eine multiethnische Regierung zu führen, an der auch zwei Serben beteiligt sind. Wir respektieren die Rechte der Minderheiten und wollen sie aktiv fördern. Für den Frieden und die Sicherheit in der gesamten Region ist die Präsenz der Nato im Kosovo sehr wichtig. Wir haben sie eingeladen, und sie ist wie die neue EU-Mission äußerst willkommen.
Ist es nicht problematisch, dass der mehrheitlich serbisch bewohnte Norden des Kosovo sich Belgrad offenbar näher fühlt als Pristina?
Nein, die Hauptstadt des Kosovo ist Pristina, und wir wollen die Serben in unsere Institutionen integrieren. Für (die geteilte Stadt) Mitrovica ist die einzige Lösung, das Dokument von UNO-Sonderbotschafter Martti Ahtisaari (zu einer international überwachten Unabhängigkeit) zu respektieren: Es wird eine Stadt mit zwei getrennten Gemeindeverwaltungen.
Eine Spaltung des Kosovo ist für Sie nicht akzeptabel?
Keine Chance. Die Integrität des kosovarischen Territoriums ist sicher und wird von der internationalen Gemeinschaft garantiert.
Wie sehen Sie Ihre Beziehungen zu Serbien derzeit?
Jeder in der Welt weiß, wer den Völkermord im Kosovo begangen hat. Aber wir wollen in die Zukunft schauen und nicht in die Vergangenheit. Daher gibt es von uns aus keine Probleme, mit den Serben zusammenzuarbeiten. Wir haben exzellente Beziehungen zu unseren anderen Nachbarländern Albanien, Mazedonien und Montenegro und wollen auch gute zwischenstaatliche Beziehungen mit Serbien haben.
Welche Auswirkungen hätte es, wenn die nationalistischen Kräfte die kommende Parlamentswahl in Serbien gewinnen?
Auch für die serbischen Bürger ist es an der Zeit, mehr an die Zukunft zu denken als an die Vergangenheit, wie wir das für den Aufbau guter Beziehungen bereit sind zu tun.
Welche Perspektiven sehen Sie für die Annäherung des Kosovo an die Europäische Union?
Kosovo ist de facto ein Kandidat für die Mitgliedschaft in der EU und der Nato. Die Übergangsphase nützen wir, um die demokratischen Kriterien der EU umzusetzen und die Voraussetzungen zu schaffen, um im Notfall überleben zu können. Kosovo wird daher so schnell wie möglich Teil der euroatlantischen Strukturen sein. Zu den USA pflegen wir ja besonders exzellente Beziehungen. Und auch beim Treffen der EU-Außenminister in Slowenien am vergangenen Wochenende wurde der Kosovo von allen EU-Mitgliedsstaaten ausdrücklich respektiert.