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Trump im Spionage-Porzellanladen

Von David Ignatius

Gastkommentare

Seit Monaten sieht sich die Welt die verheerenden Kollisionen zwischen Trump und den Geheimdiensten an.


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Man muss sich die Geheimdienste und ihre fragilen Beziehungen als Porzellanladen vorstellen und US-Präsident Donald Trump als Elefant, der dort unruhig und undiszipliniert herumtrampelt. Seit Monaten beobachtet die Welt diese verheerenden Kollisionen. Zum Beispiel Trumps jüngsten Spionageskandal, die Enthüllung der Woche, dass er den Russen gegenüber prahlerisch sein Wissen über hochsensible Geheimdienstberichte über die Terrormiliz Islamischer Staat ausgeplaudert hat. Solche Geheimdienstinformationen sollen Leben retten. Ausländischen Gästen gegenüber damit aufzuschneiden, ist unklug, vielleicht sogar fahrlässig. Das Weiße Haus zu beobachten, erinnert manchmal an einen Horrorfilm. Die Guten - ja, ein paar davon gibt es - verschwinden ständig in der Versenkung. Der nationale Sicherheitsberater H.R. McMaster, dessen Glaubwürdigkeit viel Wert ist, versuchte am Dienstag, Trumps Aktionen als "ganz und gar angemessen" zu verteidigen. Wenn das alles kein Problem ist, warum hat dann Tom Bossert, Assistent des Präsidenten der Homeland Security, die Direktoren von CIA und NSA vor Trumps Äußerungen gegenüber dem russischen Außenminister Sergej Lawrow und dem russischen Botschafter Sergej Kisljak gewarnt? Bossert habe eigenmächtig gehandelt, heißt es aus dem Weißen Haus. Eine Sprecherin des russischen Außenministeriums nannte die Berichte der "Washington Post" darüber "einen weiteren Schwindel". Das von einer Regierung, die laut US-Geheimdiensten auf unsere Präsidentschaftswahl Einfluss genommen hat? Wäre das ein Spionageroman, er würde als unglaubwürdig abgetan. Wenn jemand, so unerfahren und impulsiv ist wie Trump, improvisiert, entsteht Chaos oder Schlimmeres. Die Drohung eines Amtsenthebungsverfahrens steht bereits im Raum. Das mag verfrüht sein. Die Grundstruktur von Trumps Präsidentschaft beginnt sich aber bereits aufzulösen. So früh zu Beginn einer Amtszeit war noch kein US-Präsident der neueren Zeit so unpopulär wie Trump. Mehrere prominente Republikaner, die Trump nicht öffentlich kritisieren, sagen, sein Verhalten erschrecke sie. Trumps Unterredung mit den Russen über Terrorismus ist nur ein weiteres Warnlicht. Staaten weltweit versuchen herauszufinden, wie sie mit Trump umgehen sollen, ob sie ihm vertrauen können, zum Beispiel beim Teilen von Geheimdiensterkenntnissen, bei militärischem Engagement oder bei Wirtschaftsabkommen. Jeder US-Präsident hat mit Geheimdienstpannen zu tun. Jimmy Carter etwa, George W. Bush, sogar Barack Obama. Das Besondere bei Trump ist, dass er nicht weiß, ob die Geheimdienste seine Freunde oder Feinde sind. Er greift die Direktoren des CIA und des FBI an, wenn er das Gefühl hat, sie stellen ihn in Frage. Dann gibt er gegenüber Lawrow und Kisljak damit an, welch großartiges Geheimdienstmaterial er bekommt.

Diese Hassliebe Trumps zu den Geheimdiensten muss sich ändern. Das ist kindisches Verhalten. Noch wichtiger aber: es ist selbstzerstörerisch. Geheimdienstbeziehungen bauen auf Vertrauen auf - wie erfolgreiche Präsidentschaften. Der Elefant muss raus aus dem Porzellanladen.

Übersetzung: Hilde Weiss