Der Präsident höre in persönlichen Gesprächen lieber zu, als selbst zu reden, sagt der US-Botschafter in Österreich, Trevor Traina.
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Wien/Washington. "Wahljahr-Theater, typisches Wahljahr-Theater": Trevor Traina, der US-Botschafter in Wien, weigert sich beharrlich in die medial aufgeregt geführte Debatte über den politischen wie moralischen Zustand der USA unter Präsident Donald Trump einzusteigen. Solche, oder jedenfalls ähnliche Emotionen würden zum Spektakel einer Präsidentschaftswahl in den USA einfach dazugehören; und die Dynamik der Sozialen Medien würde Polarisierungen und radikalen Stimmen noch mehr Gehör verleihen. Statt also in den medialen Alarmismus einzustimmen, wird Traina bei einem Hintergrundgespräch mit Journalisten nicht müde, die politischen wie wirtschaftlichen Erfolge der Trump-Administration hervor zu streichen, wovon auch Österreich erheblich profitiert habe.
Das US-Wahlsystem werde aktuell deshalb so kritisch beleuchtet, weil es das mit Abstand transparenteste der Welt sei und die USA ihr eigener schärfster Kritiker. Probleme mit der Briefwahl wie auch mit internationalen Einflussversuchen habe es und werde es immer wieder geben; aber diese seien weit davon entfernt, auch nur den geringsten Einfluss auf das Wahlergebnis zu haben. Und dass sich einer der beiden Kandidaten, Donald Trump oder Joe Biden, vor Vorliegen eines Ergebnisses zum Sieger erklären oder, schlimmer noch, eine Niederlage nicht anerkennen könnte, hält der Botschafter sowieso für "völlig ausgeschlossen". Die Möglichkeit einer wochenlangen juristischen Auseinandersetzung um die Auszählung in einzelnen wichtigen Bundesstaaten im Falle eines knappen Ergebnisses sei dagegen durchaus gegeben.
Traina, ein bekennender Republikaner und erfolgreicher Digital-Unternehmer, der von Trump Anfang 2018 als Botschafter nach Wien entsandt wurde, kennt den US-Präsidenten persönlich. Donald Trump sei eine "sehr viel ruhigere und in sich gekehrte Persönlichkeit", als es dessen Darstellungen durch die Medien vermuten ließe.
"Schau ma mal", sagt Traina zu seiner eigenen Zukunft
Auch höre er in Gesprächen lieber aufmerksam zu als selbst das Wort zu führen. Die "faszinierendste persönliche Eigenschaft Trumps" sei es jedoch, "einen direkten Draht zu einfachen Menschen zu finden", und dies, obwohl er selbst Milliardär sei. Allerdings sei der US-Präsident "kein guter Erklärer" seiner eigenen Entscheidungen: "Aber er ist, wie er ist, und ich bezweifle, dass es irgendjemandem gelingt, den Stil des Präsidenten zu ändern."
Eigentlich wechseln US-Botschafter in Wien mit der Wahl eines neuen Präsidenten. "Schau ma mal", antwortet Traina, dessen Großvater bereits Botschafter der Vereinigten Staaten in Wien in den 1970ern war, auf die Frage, ob er auch unter einem Präsidenten Joe Biden in Österreich bleiben könnte. Gänzlich ausgeschlossen ist das nicht. Joe Bidens "Running Mate" Kamala Harris ist eine gute Freundin, und der Senat bestätigte Trainas Ernennung zum Botschafter einstimmig. Der Botschafter verfügt also durchaus über gute Kontakte zu Republikanern wie Demokraten. Er hoffe jedenfalls, dass es in Washington nicht "weg mit dem Klumpert" im Fall einer Niederlage Trumps heißen werde, hält sich Traina mit einer klaren Aussage diplomatisch zurück.
Zumindest ein solch unfreundlicher Akt ist unwahrscheinlich. Traina hat sich in seiner Amtszeit als rühriger Antreiber und Förderer der bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und den USA präsentiert. Das gehöre bei ihm, so fügt er lachend hinzu, "fast schon zum ‚Family-Business‘".