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Die Anklage gegen den früheren US-Präsidenten wegen des Besitzes von Geheimdokumenten erweist sich als derart brisant, dass ihn selbst sein einstiger Justizminister politisch höchst gefährdet sieht. Trump selbst reagiert wie gewohnt.
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Das luxuriöse Anwesen von Donald Trump in Mar-a-Lago ist nicht nur ein Privatanwesen, sondern auch eine Einnahmequelle für den Milliardär. Es kann, bei ausreichender Zahlung, für Hochzeiten, Geburtstagsfeiern, Seminare oder sonstige Veranstaltungen gemietet werden. In den vergangenen Monaten hätte es offenbar passieren können, dass einer der Gäste plötzlich auf Geheimdokumente der US-Regierung stößt, die etwa Aufschluss über die militärischen Fähigkeiten der USA ergeben.
Denn laut den Ermittlungsbehörden hat der frühere Präsident einen äußerst laschen Umgang mit sensibelsten Dokumente gepflegt. Ein Lagerraum für Dokumente mit mehr als 80 Kisten sei über einen öffentlichen Pool-Bereich in Mar-a-Lago einfach zu erreichen gewesen. Andere Dokumenten befanden sich in einem Ballsall. Zudem habe Trump Kisten mit Verschlusssachen in seinem Schlafzimmer, einem Badezimmer, einer Dusche und einem Lagerraum aufbewahrt.
Dabei handelte es sich teilweise um Informationen, die unter höchste Geheimhaltung fallen: Laut Anklageschrift ging es in den Schreiben unter anderem um Verteidigungsfähigkeiten der USA und anderer Staaten, inklusive nuklearer Waffen, sowie um militärische Schwachstellen in der Verteidigung der USA und ihrer Partner. Andere Dokumente behandelten militärische Optionen von nicht genannten Staaten sowie die ausländische Unterstützung von Terrorangriffen auf die Vereinigten Staaten.
Das macht die Angelegenheit so brisant, dass selbst Trumps früherer Justizminister großes Unheil auf den Ex-Präsidenten zukommen sieht. William Barr rechnet bei Bestätigung der Anklagepunkte mit dem politischen Aus des Republikaners. "Wenn auch nur die Hälfte davon wahr ist, dann ist er erledigt", sagte Barr am Sonntag dem Sender Fox News. Er sei über die Brisanz und Anzahl der Dokumente erschüttert. "Ich denke, die Anklagepunkte unter dem Spionagegesetz, dass er diese Dokumente vorsätzlich zurückgehalten hat, sind solide."
Zehn Jahre Haft drohen
Tatsächlich ist es historisch einmalig, dass ein früherer Präsident auf Bundesebene angeklagt wird und ihm dabei auch gleich bis zu zehn Jahre Gefängnis blühen. Insgesamt werden Trump 37 Straftaten zur Last gelegt. Heute, Dienstag, muss er erstmals vor Gericht erscheinen.
Allerdings: So ein Verfahren kann sehr lange dauern, auch wenn die Behörden gemeint haben, dass sie es möglichst schnell erledigen wollen. Und weder ein schwebendes Verfahren noch eine Verurteilung können Trump rein rechtlich daran hindern, für die Präsidentschaft ins Rennen zu gehen. Donald Trump hat ja bereits eine Kandidatur angekündigt und Umfragen sehen den Milliardär innerhalb des Bewerberfeldes der Republikanischen Partei in Führung liegen.
Sämtliche Affären, Vorwürfe und Anklagen haben Trump bisher bei seinen Anhängern mehr genutzt als geschadet - sei es die vor einem New Yorker Bezirksgericht erhobene Anklage wegen einer Schweigegeldzahlung an einen Pornostar oder auch der Sturm auf das Kapitol, für den ihm ebenfalls noch ein gerichtliches Nachspiel droht.
Der Ex-Reality-TV-Star hat es bisher immer erfolgreich geschafft, sich selbst als Opfer einer medialen "Hexenjagd" darzustellen. Und auch jetzt schießt Trump verbal derart scharf, dass sich große Sorge breitmacht, dass seine Anhänger erneut zur Gewalt greifen.
Denn er setzt sein persönliches Schicksal mit dem der gesamten USA gleich. "Dies ist der Endkampf", verkündet er bei einer Parteiveranstaltung am Wochenende. Entweder würden die "Kommunisten" obsiegen und die USA zerstören. "Oder wir zerstören die Kommunisten", drohte Trump.
Unterstützung findet er dabei von seinen Parteigenossen, wobei vor allem der rechte Flügel fest hinter ihm steht - und ebenfalls mit Gewalt droht. Das zeigt etwa ein Tweet des Abgeordneten Andy Biggs aus Arizona. "Wir haben jetzt die Kriegsphase erreicht. Auge um Auge", drohte Biggs.
Biden hat sofort kooperiert
Auch das Parteiestablishment positioniert sich hinter Trump und spricht von einer politisierten Justiz. Ein vorgebrachtes Argument ist hierbei immer wieder, dass auch der derzeitige Präsident Joe Biden Geheimdokumente bei sich zu Hause gehabt haben soll, die noch aus der Zeit stammen, als er Vizepräsident und Barack Obama war.
Was Trumps Parteigänger freilich nicht dazusagen: Bei Biden wurde eine wesentlich geringere Anzahl an Dokumenten gefunden. Vor allem aber hat er sofort mit den Behörden kooperiert: Nach dem ersten Fund durch Mitarbeiter informierten Anwälte des Weißen Hauses umgehend das Nationalarchiv. Bei einer freiwilligen Durchsuchung wurden dann weitere Dokumente gefunden.
Ganz anders bei Trump: Trotz mehrmaliger Aufforderung der Behörden behielt er Dokumente bei sich. Laut Anklageschrift hat er Mitarbeiter sogar aufgefordert, Dokumente woanders hinzubringen oder zu zerstören. Jetzt steht er wieder einmal mit dem Rücken zur Wand. Und der 76-Jährige sucht wie so oft den Befreiungsschlag, indem er rhetorisch wild um sich schlägt und seien Anhänger aufstachelt.(klh)