Wirtschaftlich stehen die USA unter Donald Trump so blendend da wie schon lange nicht. Doch das ist nicht ungefährlich.
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Es gibt kaum eine Einschätzung, in der sich nahezu alle Medienmenschen Europas dermaßen einig sind wie jene, wonach Donald Trump, 45.Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, ein wirklicher Trottel ist. Darin sind Kommentatoren, Analytiker und sonstige Welterklärer quer über die ideologischen roten Linien hinweg so einhellig einer Meinung wie in der Frage, ob die Erde eine Scheibe oder doch eine Kugel ist - der Fall ist abschließend geklärt.
Betrachtet man freilich die neuesten Wirtschaftsdaten der USA und vergleicht sie mit denen vieler europäischer Staaten, könnte man fast in die Verlegenheit kommen, sich einen derartigen Trottel als Regierungschef für so manchen diesseits des Atlantiks gelegenen Staat zu wünschen. Denn der ökonomische Befund von Trump-Land ist ziemlich beeindruckend. Die Arbeitslosigkeit fällt praktisch von Monat zu Monat und liegt nur noch bei 3,87 Prozent, so tief wie seit vielen Jahren nicht mehr, Tendenz weiter fallend, soweit das überhaupt noch möglich ist - es herrscht de facto Vollbeschäftigung. Vor allem für die einfacheren, schlecht ausgebildeten Menschen ist das eine sehr gute Nachricht.
Der Mittelstand und die Wohlhabenderen wiederum freuen sich, dass die Börsen parallel dazu steigen, als gäbe es kein Halten. Da diese soziale Schicht - anders als hierzulande - einen Großteil ihrer Ersparnisse und Vorsorgen in Aktien anlegt, sehen diese Menschen Monat für Monat auf ihren Depotauszügen, wie sie wieder einmal reicher geworden sind. Beides hängt natürlich damit zusammen, dass die Wirtschaft wächst und wächst - im zweiten Quartal dieses Jahres so schnell wie seit vier Jahren nicht mehr. Gleichzeitig schrumpft - was Trump sich besonders hoch anrechnet - das Handelsbilanzdefizit in Raketengeschwindigkeit, allein von April bis Ende Juni um spektakuläre 52 Milliarden Dollar.
Ein klarer Fall von "mission accomplished" also, Auftrag erfüllt? Ob das Fakt oder Fake ist, wird sich freilich erst in ein paar Jahren weisen. Denn einiges deutet darauf hin, dass wir es zumindest teilweise eher mit einem Strohfeuer denn mit einem soliden und nachhaltigen Aufschwung zu tun haben. So dürfte das starke Wachstum auch damit zusammenhängen, dass die Unternehmen Handelskriege antizipieren und riesige Lagerbestände aufbauen. Gleichzeitig stocken aus dem gleichen Grund die ausländischen Importeure - etwa von Soja - ihre Lager auf und senken damit natürlich temporär das US-Handelsbilanzdefizit. Beides verschiebt Wachstum eher von der Zukunft in die Gegenwart, generiert aber keines.
Vor allem aber hat Trump die ohnehin schon horrenden Staatsschulden noch weiter dreist hochgefahren und damit natürlich kurzfristig Wachstum stimuliert. Er betreibt so genau jene Wirtschaftspolitik, die in Europa vor allem die politische Linke einmahnt: Schluss mit der (vermeintlichen) "Sparpolitik" und stattdessen wieder mehr staatliche Schulden, um die Wirtschaft "anzukurbeln". Dass diese Linke Trump besonders widerlich findet, ist logisch nicht erklärlich. Zumindest für seine Budgetpolitik müsste sie ihm eigentlich eher stehend applaudieren.