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Trump-Turbo für Europas Rechte

Von WZ-Korrespondent Wolf H. Wagner

Politik

Der Chef der italienischen Lega Nord, Matteo Salvini, will nach dem Vorbild des künftigen US-Präsidenten an die Regierung.


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Florenz/Paris. (ce) Der überraschende Wahlsieg des Populisten Donald Trump in den USA lässt auch in Italien die politischen Wogen hochgehen. Der Chef der Lega Nord, Matteo Salvini, sieht sich vom Erfolg des Republikaners bestärkt und strebt im Fahrwasser des Tycoons nach Höherem. "Ich bin der neue Führer der Rechten", erklärt er vollmundig, für ihn geht sichtlich die Sonne auf.

Mit seiner Lega Nord will Salvini die amtierende Regierung Matteo Renzis und dessen Koalitionspartner von der Neuen Rechten Mitte (Ncd) mit Angelino Alfano an der Spitze aus dem Amt drängen. Dabei setzt er auf die Unterstützung von abgespaltenen Politikern der Forza Italia, wie dem langjährigen Fraktionschef Renato Brunetta und dem Gouverneur von Ligurien, Giovanni Toti, aber auch extremer Rechten wie Daniela Santanché und Alessandra Mussolini.

Entscheidung am 4. Dezember

Das entscheidende Datum soll der 4. Dezember sein, der Tag, an dem Premier Matteo Renzi sein Verfassungsreferendum abhalten möchte. Renzi will damit das Parlament verkleinern und zu einem effektiveren Gremium umfunktionieren. Sollte Renzi dabei scheitern, will Salvini Neuwahlen. Die Euphorie, mit der Salvini die Wahl Trumps begrüßt, gleicht der seiner populistischen Kollegen Nigel Farage in Großbritannien, Marine Le Pen in Frankreich, Geert Wilders in den Niederlanden und Viktor Orbán in Ungarn. Auch die FPÖ in Österreich sieht sich bestätigt.

Die europäische Rechte fühlt sich mit der Wahl des Republikaners im Aufwind. So wenig die unteren sozialen Schichten in den USA vom wirtschaftlichen Aufschwung der Obama-Ära profitierten, so wenig spüren die Ärmeren in Europa, dass die EU etwas zu ihren Gunsten unternimmt. Die Rettung der Banken hinterlässt einen schalen Geschmack bei denen, die keinen Arbeitsplatz haben oder um ihn fürchten müssen. Populistische Parolen und Versprechungen kommen in einer solchen Situation an. Dass Salvini - wie sein Vorbild Trump - Einwanderer und Flüchtlinge ebenso zurückdrängen will wie die Auflagen aus Brüssel, findet vielerorts Beifall.

Gegner im eigenen Lager

Erste Ergebnisse zeigten sich bei den vergangenen Regional- und Kommunalwahlen. Erstmals überholte die Lega deutlich ihren bisherigen Seniorpartner, die Forza Italia (FI) Silvio Berlusconis. Doch ist die Rechte gespalten. Während einige der FI-Politiker an der Seite Salvinis stehen wollen, erheben andere, vor allem der unterlegene Kandidat in der Bürgermeisterwahl von Mailand, Stefano Parisi, selbst Führungsanspruch.

"Wer zu Salvini hält, verliert die Wahlen", erklärte Parisi Anfang der Woche in einer beliebten Fernsehsendung. Deutlicher kann man eine Kampfansage nicht gestalten. Berlusconi selbst versucht zu beschwichtigen und die zerstrittenen Teile der ehemaligen Mitte-Rechts-Koalition zusammenzuhalten. Zwischen Salvini und Parisi gäbe es nur "persönliche Animositäten", in der Sache sei man sich eins, so der langjährige Führer der Konservativen.

Dass Berlusconi um Einheit bemüht ist, liegt vor allem an den schwachen Umfragewerten und Wahlergebnissen. Zwar hat die Lega deutlich zugelegt, doch beide Parteien zusammen würden heute nicht einmal 30 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigen können - zu wenig, um an die Regierung zu kommen.

Alles auf eine Karte

So könnte Renzi eigentlich unbeschwert in die Zukunft blicken, bestünde nicht die Gefahr, dass das Referendum scheitert. Siegt das "No", bleibt alles beim Alten. Ein System, von dem Renzi sagt, dass es nicht funktionieren kann. Dann stünde er nicht mehr für "ein merkwürdiges Paktieren" zur Verfügung. Ebenso lehne er eine "technische Regierung" ab, die bisher allerdings nur Nachteile gebracht hätten. Sollte der Premier jedoch zurücktreten, gäbe es Neuwahlen.

Unterdessen warnt der französische Premier Manuel Valls eindringlich vor einem Vormarsch der extremen Rechten sowie einem Zerfall Europas. "Europa kann sterben", so der Sozialist am Donnerstag auf einem Wirtschaftsgipfel in Berlin. In Frankreich etwa könne die Rechtspopulistin Marie Le Pen die Präsidentenwahl gewinnen. Trumps Wahl zum US-Präsidenten habe gezeigt: "Es ist möglich." Die europäischen Führungen müssten ihre kalte und technokratische Sprache und Gleichgültigkeit gegenüber den Menschen ablegen. Auf Wut und Ängste müsse reagiert werden, ohne einfache Antworten zu geben. "Wir müssen die Dinge mutig beim Namen nennen". In der Zeit der Globalisierung dürfe dies weder selbstgefällig noch naiv sein, so Valls. Globalisierung nütze der Wirtschaft, sie tue aber der Mittelschicht und einfachen Menschen weh. Die Bevölkerung erwarte hier Lösungen.

Hofer und Trump "gleich"

Der deutsche Transatlantikexperte Thomas Risse erwartet im Fahrwasser Trumps einen Aufschwung der europäischen populistischen Rechten. "Norbert Hofer in Österreich, Marine Le Pen in Frankreich, die deutsche AfD oder die britische Ukip - das ist exakt das Gleiche und unterscheidet sich von Trump nur noch in Nuancen", so Risse. "Auch in Europa werden Populisten weiteren Auftrieb gewinnen, wenn die etablierten Politiker nicht endlich aufwachen", so der Politikwissenschafter der Freien Universität Berlin. "Das Wählerpotenzial, das Trump mobilisiert hat, ist dasselbe Wählerpotenzial, auf das europäische Rechtspopulisten zurückgreifen", so Risse.