Die ersten Republikaner setzen sich von Donald Trump ab. Doch seinen Geist wird die Partei nicht so schnell loswerden.
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Washington/Wien. Es ist wohl ein weiteres Zeichen, dass Donald Trump immer mehr mit dem Rücken zur Wand steht. So haben sich nach den Wahlbetrugsvorwürfen des Präsidenten, für die dieser keine Beweise vorlegen konnte, die ersten Republikaner von Trump distanziert. Der Kongressabgeordnete Adam Kinzinger fordert: "Hören Sie auf, entlarvte Falschinformationen zu verbreiten ... Das wird langsam verrückt." Und der Abgeordnete William Cogswell im Repräsentantenhaus von South Carolina twittert, er schäme sich für die Äußerungen des Präsidenten.
Manche Republikaner standen aber weiterhin unbeirrt hinter dem Präsidenten. "Wir sind gerade Zeugen bei dem Versuch, die Präsidentenwahl zu stehlen", verkündete etwa ein zorniger Newt Gingrich, Ex-Sprecher des Repräsentantenhauses und republikanisches Urgestein. Und auch der Senator Ted Cruz wetterte gegen die Stimmauszählung und bezeichnete sie als "unglaublichen Vorgang". Die meisten, und vor allem viele prominente Republikaner, hüllten sich vorerst in Schweigen. Klar ist aber: Je stärker Trumps Schiff sinkt, desto mehr Republikaner werden von Bord gehen.
Nicht mehr als Schweigen
Schweigen war zumeist auch die stärkste Form der Kritik, mit der Trump in den vergangenen vier Jahren in der eigenen Partie konfrontiert war. Und ohnehin bekam er viel Applaus -auch, wenn er internationale Verbündete brüskiert, Gegner mit derben Attacken angegriffen und ganz offensichtlich gelogen hat. Damit hat die Grand Old Party Trumps Verhalten auf ihre Weise legitimiert.
Trump hat als Außenseiter Präsidentschaft und Partei erobert. Gleichzeitig hat er aber auch eine Entwicklung innerhalb der Republikaner auf die Spitze getrieben. Das meint zumindest Stuart Stevens. Dieser hat den Republikanern 40 Jahre lang gedient und war einst einer ihrer führenden Kampagnenmanager. In seinem kürzlich erschienen Buch "It was all a Lie" rechnet er mit seiner Partei ab.
In diesem schreibt Stevens, dass eine große Gruppe Republikaner beschlossen hätte, es gebe keine objektive Wahrheit, sondern nur eine behauptete. Und jeder, der dieser behaupteten Wahrheit nicht folge, müsse als Lügner dargestellt werden.
Damit gab es gegen die verrücktesten Aussagen keine Gegenwehr mehr und am erfolgreichsten waren die Politiker, die am lautesten schrien. Das Feld für Donald Trump war bereitet. Die Partei stellte sich hinter ihn, weil er ihr die Macht zurückbrachte. Und "es ist immer um die Macht gegangen", schreibt der abtrünnige Stevens in seinem Buch.
Gleichzeitig wurden die Republikaner, darauf verweisen viele Politologen, aber auch die Geisel von Trump. Mit ihm gab es keine Debatten mehr, in der Trumpschen Logik ist jeder, der gegen ihn ist, ein Feind. So sah es auch seine fanatisierte Basis. Jeder Senator oder Abgeordnete, der sich gegen Trump stellte, musste fürchten, an der Wahlurne bestraft zu werden.
Viele Wünsche verwirklicht
Viele Republikaner konnten aber auch deshalb gut mit Trump leben, weil sie während seiner Präsidentschaft viele ihrer Wünsche verwirklichen konnten. Der Finanzmarkt wurde dereguliert und die Steuern wurden gesenkt. Und das Höchstgericht besitzt nach der Ernennung von Amy Coney Barrett nun mit 6:3 eine klare konservative Mehrheit.
Und nicht alle Republikaner verwandelten sich in Trumpisten. Die Vertreter des Freihandels hatten aufgrund des Trumpschen Protektionismus viel zu erdulden. Auch das Konzept des "mitfühlenden Konservativismus" ist mehr als eine ferne Erinnerung.
Allerdings werden es die Gruppierungen abseits der Trumpisten wohl auch in Zukunft schwer haben - egal, wie die Wahl ausgeht. Nur ein klarer Sieg von Joe Biden hätte dem Trumpismus ein Ende gemacht, hieß es schon vor der Wahl - davon kann, wie das Rennen auch ausgehen mag, keine Rede sein. Es werden auch schon Namen genannt, die Trumps Erbe weitertragen könnten. Einer davon ist sein ältester Sohn, Donald Trump Jr. Er hat nun seinen Vater aufgerufen, bevor dieser die Macht aufgebe, solle er lieber in den "totalen Krieg" ziehen.