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Trump vs. EU = 2:0

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
Walter Hämmerle.
© Luiza Puiu

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Dafür, dass praktisch die gesamte transatlantische Intelligenzija überzeugt ist, dass es sich beim amtierenden US-Präsidenten um einen, höflich formuliert, geistig minderbemittelten und verhaltensauffälligen Lautsprecher mit seltsamer Frisur handelt, könnten diesem erstaunlich viele Glückstreffer auf Kosten der angeblich doch umfassend überlegenen Europäer gelingen.

Der Konjunktiv ist angebracht, weil viel zu viele Vorurteile und festgefahrene Überzeugungen einen klaren Blick auf die Gegenwart behindern - und morgen überhaupt schon wieder alles ganz anders sein kann. Wer könnte schon ausschließen, dass sich Donald Trump nicht doch als geistig minderbemittelter und verhaltensauffälliger Lautsprecher mit seltsamer Frisur erweist?

Für den Moment jedoch liest sich die Erfolgsbilanz der Europäer in den groß inszenierten Konfrontationen mit Trump mager. Zuerst verpflichteten sich die europäischen Nato-Staaten dazu, die Lücke zwischen ihren realen und den paktierten Verteidigungsetats zu schließen; und am Mittwoch vereinbarten EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und Trump ein vorauseilendes Entgegenkommen der Europäer bei Energie und Landwirtschaft im Gegenzug für guten Willen, um mit Washington eine allgemeine Zollsenkung zu verhandeln. Trump verzichtet dagegen nur auf angedrohte Strafzölle auf europäische Autos, die von der EU ohnehin als rechtswidrig eingestuft werden.

Natürlich lässt sich dies als "Sieg der Vernunft" in Brüssel, Berlin oder Wien verkaufen; immerhin gilt es, einen Handelskrieg zu verhindern. Und das scheint, für den Moment jedenfalls, gelungen. Daher die allgemeine Erleichterung in Europa.

Mit der gleichen Berechtigung kann das Treffen Trump-Juncker aber auch als Sieg der Bulldozer-Methoden der US-Administration gelesen werden. Der US-Präsident hat Zugeständnisse erhalten, für die er auf nichts verzichten musste, außer darauf, seine (von der EU als illegal betrachteten) wilden Drohungen umzusetzen. Und die US-Strafzölle auf Alu und Stahl bleiben vorerst bestehen. Klingt nach keinem schlechten Deal.

Quasi als Draufgabe schenken die Europäer dem US-Präsidenten auch noch einen internen Konflikt: Dass Juncker den USA Zugeständnisse bei Agrarprodukten machte, erwischt Frankreich auf dem falschen Fuß. Ausgerechnet Frankreich, das über den streng regulierten EU-Agrarmarkt so eifersüchtig wacht und sich im Vorfeld vehement gegen einseitige Vorleistungen verwahrte. Dabei galt doch Präsident Macron als aussichtsreichster Dompteur Trumps; und jetzt ist plötzlich Juncker Trumps neuer "best Buddy".

Europa muss noch viel lernen auf der Weltbühne. Ausgerechnet ein Amateur macht das öffentlich.