Spannungen vor IAEA-Sitzung: Neue US-Sanktionen gegen Teheran beschlossen - aus dem Atom-Deal steigt Washington aber vorerst nicht aus.
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Ab kommenden Montag blickt die Welt wieder nach Wien: Die 61. Generalversammlung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) beschäftigt sich vor allem mit der aktuellen Nordkorea-Krise und dem Iran.
Erwartet werden unter anderem hochrangige Delegationen aus Washington, Teheran, Moskau, Peking und London. Die wichtigste Kernfrage am Rande lautet, ob der zwischen den fünf UN-Vetomächten plus Deutschland und dem Iran beschlossene Atom-Deal vom Juli 2015 halten wird oder Washington aussteigen und damit 13 Jahre lang andauernde Verhandlungen mit einem soliden Ergebnis zunichtemachen will. Die IAEA hat den Persern wiederholt bescheinigt, alle Verpflichtungen in Zusammenhang mit dem Abkommen einzuhalten. Das ist den Amerikanern aber offensichtlich zu wenig. Erst am Donnerstag hat die US-Regierung neue Strafmaßnahmen gegen die Islamische Republik beschlossen. Die neuen Sanktionen richten sich gegen elf weitere Verantwortliche und Organisationen, wie das US-Finanzministerium mitteilte. Die US-Regierung wirft ihnen vor, die iranischen Revolutionsgarden zu unterstützen oder sich an Cyber-Angriffen auf das US-Finanzsystem beteiligt zu haben. Das Vermögen der Betroffenen in den USA werde eingefroren. Zudem werde US-Bürgern der Handel mit ihnen untersagt.
Die unilaterale Welle an neuen US-Sanktionen gegen Teheran wegen Themenbereichen, die nicht im Deal beinhaltet sind, sieht auch Großbritannien, ein enger US-Verbündeter, mehr als kritisch. Der britische Außenminister Boris Johnson machte bei einem Pressetermin mit seinem US-Kollegen Rex Tillerson kein Hehl daraus, was er von dem US-Alleingang hält. Der Iran sei ein Land mit 80 Millionen Einwohnern, darunter viele junge Menschen, und die könnte man ins Boot holen. "Ich glaube, dass die sehen, dass es Vorteile durch den Deal gibt, und wir in Großbritannien wollen deshalb, dass das Abkommen aufrecht bleibt", so Johnson in seinem Statement. Die Europäer, die Russen und die Chinesen wollen nun in Wien auf die US-Delegation einwirken, um den konfrontativen Iran-Kurs zu revidieren.
"Spinnereien"
Einziger Trost vor der Sitzung ist die Tatsache, dass das Weiße Haus seine Drohung, aus dem Abkommen auszusteigen, vorläufig nicht wahr macht. Auch die nach dem Deal aufgehobenen US-Wirtschaftssanktionen werden vorerst nicht wieder in Kraft gesetzt. Donald Trump warf dem Iran vor, "den Geist des Abkommens verletzt zu haben". Der US-Präsident will Teherans Führung ins Eck drängen und weiterhin international isolieren. Er stellte für Oktober eine Entscheidung in der Causa in Aussicht.
Der Iran reagierte harsch auf die jüngsten Schritte Washingtons. Außenminister Mohammad Javad Zarif, gemeinsam mit seinem damaligen US-Kollegen John Kerry ein Architekt des Deals, ist genervt. "Der Atom-Deal ist nicht wieder verhandelbar. Ein besserer Deal ist pure Fantasie. Es ist an der Zeit für die USA, mit diesen Spinnereien aufzuhören und anzufangen, den Deal einzuhalten. Genauso, wie dies der Iran tut", twitterte der iranische Chefdiplomat kurz vor der IAEA-Sitzung.
Irans Vizepräsident und Chef der Atombehörde, Ali Akbar Salehi, der ab Montag ebenfalls in der Bundeshauptstadt erwartet wird, hat angedroht, dass sein Land bei weiteren US-Sanktionen "binnen Stunden" aus dem Deal aussteigen und wieder mit der Urananreicherung beginnen könnte. Und die Hardliner in Washington und Teheran reiben sich die Hände. Sie freuen sich, dass "die Tage des Deals gezählt sind".