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Trump zaudert bei Entscheidung über Afghanistan-Einsatz

Von WZ-Korrespondentin Veronika Eschbacher

Politik

Die Sicherheitslage verschlechtert sich massiv, Amerikas längster Krieg nimmt auch nach fast 16 Jahren kein Ende. Wie die USA reagieren, ist offen.


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Kabul. US-Präsident Donald Trump ist nicht dafür bekannt, mit seiner Meinung hinter dem Berg zu halten. Bei einem Thema aber wird er äußerst schmallippig: dem US-Krieg in Afghanistan. Weder während der Präsidentschaftswahlkampagne hat er sich wirklich dazu geäußert - was sogar die Taliban empörte - noch in den sechs Monaten seit seinem Einzug ins Weiße Haus. Und während Militär, Diplomaten und Kabul auf eine Marschrichtung warten, vergehen sich US-Medien in Spekulationen, wohin diese führen könnte. Dabei hatte es anfangs noch so ausgesehen, als würde Trump aufgrund der sich massiv verschlechternden Sicherheitslage im Land am Hindukusch eine geringe Truppenaufstockung relativ rasch durchwinken - kolportiert wurde, zu den aktuell stationierten 8500 weitere 4000 Soldaten zu entsenden. In einem ungewöhnlichen Schritt überließ er US-Verteidigungsminister James Mattis Anfang Juni die Entscheidungshoheit über die genaue Truppenanzahl.

Administration gespalten

Doch eine offizielle Entscheidung fehlt bis heute. Die Verzögerung in der Strategie für Amerikas längsten Krieg, der seit mittlerweile 16 Jahren geführt wird, liegt einerseits daran, dass die Trump-Administration offenbar gespalten ist, welche Ziele sie am Hindukusch erreichen will. Während sich der nationale Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster über Monate für einen ganzheitlicheren Ansatz mit kleiner Truppenaufstockung einsetzte, konterkarierten US-Außenminister Rex Tillerson und Trump-Chefberater Steve Bannon diese Bemühungen.

Bannon lobbyierte - erfolglos - dafür, den Krieg an private Sicherheitsdienstleister in der Machart wie Blackwater auszulagern. Tillerson wiederum sprach sich für Friedensverhandlungen aus - ein ungewöhnlicher Zugang in einer Zeit, in der die Taliban sich militärisch im Aufwind befinden und keinen Anreiz haben, an den Verhandlungstisch zu kommen. Dazu kommt, dass der US-Außenminister das Land trotz massiver Krisen bisher nicht besucht hat.

Möglicher Abzug

Gleichzeitig missfällt Trump jener Plan, auf den sich vorige Woche Kabinettsmitglieder und Sicherheitsberater nach langem Ringen einigen konnten. Dieser soll eine moderate Truppenaufstockung vorsehen und eine stärkere Einbeziehung Pakistans, wo viele aufständische Gruppen einen sicheren Hafen haben, sowie Chinas. Trump retournierte diesen Plan vor wenigen Tagen an den Nationalen Sicherheitsrat mit der Aufgabe, ihn zu überarbeiten, sagten Insider dem Politik-Magazin "Politico". Die Verzögerungen in der Afghanistan-Strategie und Trumps Zurückhaltung, Truppen zu entsenden, führen laut "Wall Street Journal" mittlerweile dazu, dass nun eine weitere Option auf dem Tisch liegt: ein US-Truppenabzug. Ein Einsatz mache nur Sinn, wenn sich Washington auf viele Jahre verpflichtet, zitiert die Zeitung einen Mitarbeiter des Weißen Hauses. Ob es den Appetit für eine derart große Mahlzeit aktuell gäbe, sei eine weiterhin unbeantwortete Frage.