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Trump zerschneidet alte Nafta-Bänder

Von Konstanze Walther

Wirtschaft
© M. Hirsch

Mexiko ist die Werkbank der USA. Die Zollkeule lässt alle erzittern.


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Washington/Mexiko Stadt. Richtig versteckt war der Tweet. Mitten zwischen den Glückwünschen für die Abschlussklasse der Luftwaffe und der Empörung über die Untersuchung des Sonderermittlers Robert Mueller, twitterte US-Präsident Donald Trump etwas, mit dem er seinem Ruf des Unberechenbaren wieder einmal mehr als gerecht wurde. "Mit dem 10. Juni werden die USA einen Zoll von fünf Prozent auf alle Waren einheben, die aus Mexiko in unser Land kommen - und zwar so lange, als auch illegale Migranten durch Mexiko in unser Land kommen", schrieb er. Der Zoll soll schrittweise angehoben werden, bis das Migrationsproblem gelöst sei. Ab Juli sollen es dann schon zehn Prozent sein, bis man im Oktober die 25 Prozent erreicht habe, wenn Mexiko die Auswanderung nicht "spürbar reduziere".

Die Ankündigung Trumps schlug ein wie eine Bombe. Denn Mexiko ist nicht irgendwer. Es ist einer der drei größten Handelspartner der USA. Und zwar nicht wegen der Einfuhr von Tortillas und Tequila, sondern vor allem, weil viele ausländische Unternehmen aus Europa, aber auch aus den USA in Mexiko produzieren und die Waren dann wieder über die Grenze bringen. 80 Prozent der Erzeugnisse der ausländischen Industrie in Mexiko wird in die USA exportiert. Spätestens seit der nordamerikanischen Freihandelszone Nafta (von republikanischen US-Präsidenten erdacht und unter dem demokratischen US-Präsidenten Bill Clinton 1993 schließlich ratifiziert) ist Mexiko als die Werkbank der USA nicht mehr wegzudenken.

Nafta wurde von Trump aufgekündigt, die Verhandlungen für ein neues Freihandelsabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada sind noch nicht abgeschlossen. Ziel wäre es eigentlich gewesen, die US-Unternehmen wieder in den USA produzieren zu lassen. Doch ob sich die Entwicklung wieder umkehren lässt, ist fraglich.

"In den 25 Jahren Nafta sind die Lieferketten extrem verwachsen", sagt Friedrich Steinecker der österreichische Wirtschaftsdelegierter in Mexiko gegenüber der "Wiener Zeitung": 300 Milliarden Dollar haben US-Konzerne in mexikanische Produktionsstätten investiert. Die kann man nicht so schnell wieder in die USA verlegen - oder nach China, wo Trump ja ebenfalls einen Handelsstreit begonnen hat.

Mexiko liegt dafür buchstäblich vor der Haustür der USA und hat Produktionsbedingungen, die, wie es Steinecker formuliert, "nicht zu übertreffen sind".

Der mexikanische Arbeiter erhält acht Dollar pro Tag (!) Mindestlohn. Der US-Amerikaner bekommt knapp acht Dollar pro Stunde.

Nach Trumps Ankündigung waren es auch die Aktien von US-Autoherstellern wie General Motors und Ford, die teilweise fast fünf Prozent an der Wall Street verloren.

Das neueste Muskelspiel dürfte darauf hinauslaufen, dass Trump Druck für einen etwaigen Mauerbau - und dessen Finanzierung - machen möchte. In den USA bekommt er schließlich nicht die notwendige parlamentarische Unterstützung für eine Finanzierung per Notstandsgesetz. Und eigentlich hatte er schon im Wahlkampf 2016 versprochen, dass Mexiko selbst für die Grenzmauer zahlen sollte. Bloß haben die mexikanischen Staatsoberhäupter aber immer abgewinkt. Mexikos Präsident Andres Manuel López Obrador hat den Plan einer Mauer sogar einmal als "internes Problem" der USA beschrieben.

Nun sei abzuwarten, was weiter geschieht, meint Steinecker: Ein Tweet von Trump bedeute ja noch keine abgemachte Sache. Und fünf Prozent allein "wären noch nicht prohibitiv", so Steinecker. 25 Prozent würde die Wirtschaft in Mexiko bis hin zu den Zulieferern - auch aus Österreich - ins Mark treffen.

López Obrador ist unterdessen auf Beschwichtigung aus. Er schickte am Freitag seinen Außenminister Richtung Washington und veröffentlichte einen zweiseitigen Brief, in dem er zur Besonnenheit aufrief. Natürlich aber schwangen auch die Möglichkeit von Vergeltungsmaßnahmen mit, Mexiko ist nach Kanada das zweitwichtigste Abnehmerland für US-amerikanische Produkte.

Mit Zwang, so argumentiert López Obrador gegenüber Washington, lassen sich keine sozialen Probleme lösen. Er wolle keine Konfrontation. Sein Land erfülle seine Verpflichtungen, um die illegale Auswanderung über Mexiko in die USA zu verhindern. Während dieses Frühjahr noch viele Migranten in Mexiko eine humanitäre Aufenthaltsgenehmigung bekommen hatten, hat das Land erst vergangene Woche tausende Menschen in ihre Herkunftsländer zurückgeschickt.