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Die unklare Außenpolitik des US-Präsidenten in spe birgt viele Gefahren, könnte aber gleichzeitig auch durchaus ein paar Vorteile mit sich bringen.
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Die meisten Präsidenten warten bis zur Amtsübernahme, bevor sie die erste außenpolitische Krise anstoßen. Donald Trump hätte also noch Zeit gehabt, löste aber bereits zwei aus, eine mit China, die andere mit Russland. Wie wird sich das in den ersten Monaten seiner US-Präsidentschaft auswirken? Mit seinem sorglosen Stil hat er China irritiert, und Russland gegenüber steht er mit dem Rücken zur Wand. Trump erweist hier einem Staat Freundschaft, der laut US-Geheimdienst einen verdeckten Cyberangriff durchgeführt hat, "mit der Absicht, die US-Wahl zu beeinflussen". Will Trump wirklich die Beziehungen zu China ruinieren? Noch ist er nicht im Amt, seine Angriffe sind also nicht offiziell. Nach Amtsantritt wird ihm daher Spielraum bleiben.
Die Chinesen sind diese Unklarheit nicht gewohnt. Normalerweise sind die USA die Aufrichtigen, während Peking dem Rat Sun Tzus nacheifert, den Gegner ohne Kampf zu unterwerfen. Mit seiner Taiwan-Tirade hat Trump China verblüfft. "Trump prügelt mit einem Hammer auf den Osten ein und mit einem Knüppel auf den Westen. Was er wirklich denkt, ist sehr schwer zu ergründen", heißt es in einem Editorial in "People’s Daily". Henry Kissinger, Meister der diplomatischen Mehrdeutigkeit, sieht auch Vorteile in Trumps Unberechenbarkeit, bezogen wahrscheinlich auf die Dreierbeziehung zwischen den USA, Russland und China, in der Trump eine neue Dynamik erzeugt, indem er eine härtere Gangart für Peking wählt und eine sanftere für Moskau; wie Kissinger in den 1970er Jahren - nur damals umgekehrt. Hochrangige US-Regierungsbeamte überlegen, welchen Vorteil man aus Trumps Missachtung gegenüber der bisherigen US-Politik ziehen könnte. Mehrere prominente Analysten sehen ebenfalls einige Vorteile in der Mehrdeutigkeit und Unsicherheit künftiger US-Außenpolitik, besonders jetzt, nach den Jahren vernünftiger und berechenbarer Politik Barack Obamas. Gleichzeitig warnen sie aber auch vor dieser Hochrisikostrategie, die neben der Abschreckung der Gegner auch Bestürzung unter Verbündeten auslösen könnte. Die gegenseitige Abschreckung zwischen den USA und China könnte relativ stabil sein, meint Philip Zelikow in "The Art of the Global Deal", veröffentlicht in "The American Interest". Aber, warnt Zelikow, welche kühnen Deals Trump auch immer erzielen will, "heute muss man unnötige Kämpfe vermeiden". Auch den Iran, der die Macht der USA in der Region in Frage stellt, hat Trump verunsichert. Bei meinen beiden jüngsten Besuchen in den Vereinigten Arabischen Emiraten traf ich viele arabische Politiker, die Trumps herausfordernde Haltung gegen Teheran begeistert. Diese Unterstützung für Trump, wie seltsam auch immer vor dem Hintergrund seiner antimuslimischen Kommentare im Wahlkampf, nahm nach Trumps Entscheidung noch zu, den Iran-Falken General James Mattis zum Verteidigungsminister zu machen. Russland ist der Platzhalter. Eine stabile Allianz zwischen Trump und Putin ist schwer vorstellbar. Und da Geheimdienste und Kongress Russlandgate weiter untersuchen, wird dieses Bündel mit der Aufschrift "Vorsicht!" im Weißen Haus eintreffen.
Übersetzung: Hilde Weiss