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Trumps irrlichternder Sprecher

Von Alexander Dworzak

Politik

Nach missratenem Vergleich zwischen Hitler und Assad ist Sean Spicer mit Rücktrittsaufforderungen konfrontiert.


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Washington/Wien. Nazi-Vergleiche rächen sich meist für jene, die sie tätigen. Sean Spicer hat es aufs Neue bewiesen: Der Sprecher von Präsident Donald Trump und der US-Regierung scheiterte grandios in seinem Bemühen, ein möglichst schlechtes Bild von Syriens Diktator Bashar al-Assad zu zeichnen. Diesem wirft Trump vor, für den Giftgasanschlag in der vergangenen Woche verantwortlich zu sein, bei dem 87 Menschen starben.

Selbst eine so "verabscheuungswürdige" Person wie Adolf Hitler sei "nicht so tief gesunken, chemische Waffen zu verwenden", sagte Spicer bei einem Pressebriefing am Dienstag im Weißen Haus. Auf Nachfragen der Journalisten machte der Sprecher die Sache noch schlimmer: Hitler habe das Gas nicht "gegen seine eigenen Leute auf die gleiche Weise eingesetzt" wie Assad. Damit negierte Spicer jene Juden, Roma und Sinti, politisch Oppositionellen, Personen mit Behinderungen oder Homosexuelle im damaligen Deutschen Reich, die für ihr Abweichen von den nationalsozialistischen Wahnideen in den Konzentrationslagern zu Tode kamen. Als das Murren im Raum daraufhin größer wurde, legte Spicer seine zeitgeschichtlichen Wissenslücken nochmals offen: "Er (Hitler, Anm.) brachte sie (die Opfer, Anm.) in Holocaust-Zentren, das ist mir klar." Der Begriff Konzentrationslager war ihm entweder entfallen oder unbekannt.

"Widerwärtigste Form von Fake News"

Eine schriftliche Erklärung schaffte noch immer keine Klarheit. Erst eine Korrektur später war Spicer auf dem Boden der Fakten angelangt - und einsichtig. Am Mittwoch legte der 45-Jährige nach, nannte seine Aussagen "unentschuldbar" und "verwerflich". Er habe damit Trump im Stich gelassen.

Damit versucht Spicer, seinen Job zu retten; schließlich ist er in den US-Medien, auf Facebook und Twitter Thema Nummer eins. Spicer habe den Holocaust geleugnet und damit die widerwärtigste Form von Fake News begangen, schrieb der Direktor des Anne-Frank-Zentrums in den USA, Steven Goldstein. Er forderte Präsident Trump auf, Spicer umgehend aus dem Amt zu entlassen. Das verlangt auch Nancy Pelosi, Fraktionschefin der Demokraten im Repräsentantenhaus. Zudem müsse sich Trump von Spicers Äußerung distanzieren.

Während die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem "tief besorgt in Bezug auf die ungenaue und unsensible Verwendung von Begriffen in Zusammenhang mit dem Holocaust" reagierte, ging Geheimdienstminister Israel Katz nach der Entschuldigung Spicers schnell zum Alltag über. Katz gehört dem nationalkonservativen Likud von Premier Benjamin Netanjahu an, Letzterer pflegt enge Beziehungen zu Trump. Vom ansonsten mitteilungsbedürftigen US-Präsidenten steht bisher ein Statement zu Spicer aus.

Schon der Einstand Spicers im Jänner war denkbar ungünstig, musste der Regierungssprecher doch die von Trump vorgegebene Devise einhalten, nie zuvor hätten mehr Menschen einer Inaugurationsfeier eines Präsidenten beigewohnt. Bloß verstieg sich Spicer binnen sechs Minuten zu fünf Lügen. Seinen schrillen Kasernenton parodierte daraufhin die Komödiantin Melissa McCarthy in der Show "Saturday Night Live". Am meisten soll Donald Trump dabei gestört haben, dass es eine Frau war, die Spicer vorführte, berichtete "Politico".

Weiter ging Spicers Irrlichtern, als er die - später aufgehobenen - Einreiseverbote für Bürger aus sieben Ländern rechtfertigen musste. "Es wäre "irreführend und falsch" anzunehmen, dass allein aufgrund des Alters oder des Geschlechts einer Person keine Gefahr von ihr ausgehen könne, sagte er in Anspielung auf einen Fünfjährigen, der über Stunden am Flughafen festgehalten wurde. Und im Februar verweigerte das Weiße Haus Journalisten von CNN, "New York Times" und "Politico" den Zutritt zu einem Briefing mit Spicer.

Danach stand der Sprecher für seine Verhältnisse lange nicht in der Kritik. Diese ist nun zurück, heftiger denn je.