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Justizminister Sessions gelobt, sich aus Ermittlungen über Moskau-Verbindungen herauszuhalten.
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Washington D.C. Der Schwiegersohn, der Wahlkampfmanager, der Justizminister, der (ehemalige) Nationale Sicherheitsberater, der Spin Doktor: Angesichts der normativen Kraft des bisher faktisch Nachgewiesenen stellt sich in den USA mittlerweile nicht mehr so sehr die Frage, wer von Donald Trumps Wahlkampfteam aller Kontakt zum offiziellen Russland hatte, sondern wer nicht.
Die jüngste Erkenntnis: Jeff Sessions, erzkonservativer Senator des Bundesstaats Alabama und einer der ersten prominenten republikanischen Unterstützer Donald Trumps, hatte sich während des Präsidentschaftswahlkampfs zweimal mit Sergei Kislyak getroffen, dem russischen Botschafter in Washington. Einmal im Rahmen des sommerlichen Parteitags der Republikaner in Cleveland, Ohio, und einmal im September in der Hauptstadt. Zu letzterem Zeitpunkt stand längst fest, in welchem Ausmaß sich Russland, trotz gegenteilig lautender Beteuerungen, zugunsten von Donald Trump in die amerikanische Innenpolitik eingemischt hatte.
"War überrascht"
Eine mehr als schiefe Optik, die der nunmehrige Justizminister Sessions am Donnerstag mit einer Pressekonferenz zu korrigieren trachtete. Was ihm nur eingeschränkt gelang. Sessions erklärte, sich wegen Voreingenommenheit künftig aus all jenen Ermittlungen der ihm unterstellten Behörden herauszuhalten, die derzeit den Verbindungen von Team Trump zur russischen Regierung nachgehen ("recuse"). Das erste Treffen mit Kislyak im Juli 2016 habe er überdies in seiner "offiziellen Funktion als Senator" wahrgenommen, weshalb daran nichts anrüchig sei. Die Tatsache, dass Sessions bei seiner Anhörung im Senat unter Eid mündlich wie schriftlich jeglichen Kontakt mit russischen Regierungsvertretern kategorisch abgestritten hatte, führte der 70-Jährige darauf zurück, dass "ich die Fragen zu der Zeit nicht richtig verstanden habe, weil ich davon überrascht war".
Während Letzteres im günstigsten Fall unwahrscheinlich scheint, erwies sich schnell, dass erstere Behauptung jeglicher Grundlage entbehrt. Wie das "Wall Street Journal" kurz nach Sessions’ Pressekonferenz aufdeckte, hatte der 70-Jährige die Kosten für seine Reise nach Cleveland nicht über sein Senats-Konto abgerechnet. (Das Geld dafür war aus seiner eigenen Wahlkampf-Kasse gekommen.)
Das Weiße Haus hält trotzdem weiter zu ihm. Präsident Trump nannte Sessions in einem Tweet einen "ehrlichen Mann, der nichts Falsches" gesagt habe, und räumte lediglich ein, dass er sich bei seiner Befragung "klarer ausdrücken hätte sollen". Jegliche andere Interpretation stelle lediglich einen Versuch der Demokraten dar, "nach der verlorenen Wahl das Gesicht zu wahren".
Ob das reichen wird, das Thema Russland von der Tagesordnung verschwinden zu lassen, scheint indes unwahrscheinlich. Schuld daran ist vor allem Trump selbst: Während der Ex-Reality-TV-Star in regelmäßigen Abständen die Medien, die Opposition und sonst alles und jeden, was er für Gegner hält, beschimpft oder lächerlich zu machen versucht, kam ihm in seiner bisherigen Amtszeit über Putin oder Russland kein einziges kritisches Wort über die Lippen. Verschärfend hinzu kommt die Tatsache, dass - wie im Zuge der Affäre Sessions bekannt wurde - Trumps engste Verwandte Kontakte zu Repräsentanten des Kremls pflegten.
Im Dezember traf sich Botschafter Kislyak im Trump Tower in Manhattan mit Trumps Schwiegersohn Jared Kushner. Eingefädelt hatte das Meeting Michael Flynn, der Mitte Februar nach nicht einmal einen Monat vom Amt des Nationalen Sicherheitsberaters zurücktreten musste - wegen informeller Kontakte zu den Russen, über die er angeblich sonst niemanden informiert hatte. Ausnahme: Donald Trump, der Wochen zuvor Bescheid wusste.
Rückhalt im Kongress
Wen das alles nicht anficht, sind die Statthalter Trumps im Kongress. Während die Demokraten nach wie vor Sessions Rücktritt und die Einrichtung einer unabhängigen Untersuchungskommission zu den Verbindungen von Team Trump zu Team Putin fordern, sorgte die republikanische Führung schnell dafür, dass jene Stimmen in den eigenen Reihen, die sich letzterer Forderung anschlossen (wie Senator Lindsay Graham), isoliert bleiben. Paul Ryan, der Sprecher des Abgeordnetenhauses, sah gar bis zuletzt keinen Grund, warum sich Sessions aus den laufenden Ermittlungen des FBI und des Justizministeriums zur Causa heraushalten sollte.