Der Triumph des Milliardärs spiegelt auch einen Bedeutungsverlust der überheblichen etablierten Meinungsmacher wider.
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Nie zuvor in der neueren Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika haben die Medien und die Journalisten einen Präsidentschaftskandidaten so einhellig, so massiv und so entschlossen abgelehnt wie Donald John Trump, der trotzdem ab 20. Jänner 2017 der 45. Präsident der USA sein wird. Selbst der damals im intellektuellen Milieu anfänglich als vertrottelter "B-Movie-Schauspieler" verhöhnte Ronald Reagan wurde im Wahlkampf 1980 medial vergleichsweise freundlicher behandelt.
Trumps Wahlsieg kann deshalb durchaus auch als Medienpleite von beeindruckenden Dimensionen verstanden werden. Der schon länger zu beobachtende Bedeutungsverlust vor allem der traditionellen Medien wird durch Trumps Triumph nicht nur besonders gut sichtbar, er dürfte sich wohl auch noch weiter verstärkt haben. Dass selbst eine so massive Parteinahme der allermeisten Medien - sei sie berechtigt gewesen oder auch nicht - praktisch wirkungslos verpufft, sagt einiges über die schmale Restrelevanz des Medienbetriebes.
Es war eine durchaus hart erarbeitete Niederlage. An ihrem Anfang stand wohl schierer Erwerbstrieb der Medienunternehmer: Trump, der scheinbar chancenlose Außenseiter mit der großen Klappe, sorgte vom Beginn seiner Kampagne an für Auflagen und Reichweite. Trump war am Anfang ein blendendes Geschäft für die Medien (nicht unähnlich übrigens dem Aufstieg Jörg Haiders im Österreich der 1990er Jahre, als jedes Cover mit "Jörg" hohe Auflagen garantierte, was die Medien zu den "Haider-Machern" machte).
Trump hatte sozusagen den Mediencode geknackt, mit dessen Hilfe er Präsidentschaftskandidat werden konnte. Und plötzlich, die Aufmerksamkeitsgewinne waren schon eingefahren, realisierten die Medienmacher, wen sie da eigentlich gemacht hatten - und verstießen angesichts dieser sie erschreckenden Erkenntnis gegen einen zentralen Grundsatz für glaubwürdigem Journalismus: Mache dich niemals mit einer Sache gemein, und sei es auch eine gute Sache.
Amerikas (und Europas in diesem Zusammenhang eher irrelevanten) Medien unterlief also ein ganz ähnlicher Fehler wie vielen deutschen oder österreichischen Medien am Anfang der Migrationskrise im Vorjahr: Überzeugt davon, in einer zentralen Sache auf der richtigen Seite zu sein, ergriffen sie diese - und vergaßen dabei streckenweise, die Wirklichkeit ausreichend korrekt abzubilden.
"Obwohl viele Journalisten und Medien Berichte über die Frustrationen und Enttäuschungen der Amerikaner gebracht haben, haben sie diese Menschen nicht ausreichend ernstgenommen", schrieb am Tag nach der Wahl die "Washington Post" und leckte dabei selbstkritisch die Wunden. "Und obwohl die Wähler geschrien und geklagt haben, hörten die meisten Journalisten einfach nicht zu. Sie haben es einfach nicht kapiert."
Auch das erinnert frappant an den Aufstieg der FPÖ und dessen mediale Begleitung und ebenso an die Diskrepanz zwischen der öffentlichen und der veröffentlichten Meinung in der beginnenden Migrationskrise 2015. Das Verblüffende, um nicht zu sagen Verstörende daran: Die diesbezügliche Lernkurve vieler Medien dürfte noch flacher sein als jene der Politik.