Manches lässt sich einfach nicht planen. Da gibt es endlich eine Informationsveranstaltung des Verteidigungsministeriums über die Beteiligung des Bundesheeres an der humanitären Eufor-Mission im Tschad - und prompt erreichen aufgeregte Meldungen über heftige Kämpfe aus dem Einsatzgebiet der EU-Truppe die Öffentlichkeit in Österreich.
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Auch wenn das Ausmaß der Gefechte vorerst unklar bleibt, sorgen die Rahmenbedingungen des Einsatzes doch zunehmend für ein mulmiges Gefühl. So steht noch immer nicht fest, wie groß die Eufor-Truppe am Ende sein wird. Und das, obwohl der Einsatz bereits in einem Monat starten soll. Angepeilt werden 3500 bis 4000 Soldaten, fix zugesagt sind von den insgesamt 15 teilnehmenden EU-Staaten aber erst 2500. Kein Wunder, dass die volle Einsatzbereitschaft erst im Mai erreicht sein soll. (Die Österreicher wollen dieses Stadium im Laufe des Jänners erreichen.)
Stutzig macht auch das Kräfteverhältnis im österreichischen Kontingent. Von den 160 Soldaten macht das militärische Kernelement, das Jagdkommando, lediglich 41 Mann aus. Die restlichen 119 Soldaten verteilen sich auf Offiziere, Logistiker, Sanitäter etc. Wenn bei den anderen Staaten dieses Verhältnis ebenfalls bei 1:3 liegt, dann könnten die schutzbefohlenen 420.000 Flüchtlinge im Ost-Tschad mit maximal 1500 Soldaten übrig bleiben. Und das in einer Region von 20.000 Quadratkilometern!
Womit wir nun bei der Frage nach der Substanz dieser humanitären Mission sind. Aus Militärkreisen hört man, dass sich die EU vor allem deshalb so rasch auf den Einsatz verständigen konnte, weil das Risiko tatsächlich relativ überschaubar sein sollte. Darauf deuten auch die Informationen hin, die vom ehemaligen Kolonialherrn Frankreich stammen und besagen, dass die in der Region agierenden Rebellen in keiner Weise auf eine bewaffnete Konfrontation mit EU-Soldaten erpicht seien. (Eine andere Frage sind freilich rein kriminelle Absichten wie etwa Entführungen.) Die EU war auf der Suche nach einem geeigneten Einsatzgebiet, um den Ernstfall eines internationalen EU-Krisenmanagements zu üben - und fand den Tschad.
Dieses Vorgehen entspricht dem politischen Hausverstand und ist ein Zeichen für die realistische Selbsteinschätzung der EU. Zudem ist jeder gerettete Flüchtling gleichviel wert.
Was passiert aber, sollte die Lage im Ost-Tschad entgegen allen Prognosen doch eskalieren? Nicht viel. Die Mission wird stattfinden - alles andere wäre ein Waterloo für Europas Ambitionen als internationaler Akteur. Und wenn es sein muss, werden sich die 1500 kampffähigen Soldaten eben bemühen, den Kämpfern beider Parteien in diesem weiten Land aus dem Weg zu gehen.
Wirklich riskant wird es nur dann, sollte Frankreich erneut auf der Seite der Regierung in Auseinandersetzungen mit Rebellen eingreifen. Das wäre wohl unweigerlich das Aus der Mission und der Anfang vom Ende der afrikanischen Ambitionen Europa. Seite 5