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Tschechen wählen Präsidenten erstmals direkt

Von WZ-Korrspondentin Alexandra Mostyn

Politik

Kandidaten der etablierten Parteien droht Niederlage bei der Wahl.


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Prag. Tschechien sucht den Superstar. Zum ersten Mal können die Tschechen ihren Präsidenten direkt wählen. Die Wahl hat gestern, Freitag, begonnen, und wird am Samstag fortgesetzt.

Nicht nur wegen der langen Schlangen, die sich in den Wahllokalen formten, wurde eine hohe Wahlbeteiligung erwartet. Die Präsidentenwahl eröffnet den Tschechen, die dieser Tage sehr politmüde sind, eine gute Gelegenheit abzurechnen mit der korrupten Politik, die seit 20 Jahren das Land im Griff hat.

Nicht, dass der Präsident, dessen Vollmachten nur repräsentativ und damit beschränkt sind, sehr viel ändern könnte. Aber zumindest ist er ein Symbol, gilt als Väterchen der Republik, der die Atmosphäre innerhalb der Gesellschaft beeinflussen kann. Parteipolitik spielt daher bei der Präsidentenwahl deswegen kaum eine Rolle. Die Kandidaten der angestammten Parteien, der konservativen ODS und der Sozialdemokraten (CSSD) haben, das war auch schon vor Schließung der Wahllokale am Samstag um 14 Uhr sicher, keine Chance. In den Augen der Tschechen sollte der Präsident über dem parteilichen Klüngel stehen. Oder zumindest weit davon entfernt sein.

Wie Milos Zeman zum Beispiel. Er war zwar zwischen 1996 und 2002 Premier, hat sich aber 2003 aus der Politik zurückgezogen, nachdem sein erster Anlauf, als Staatsoberhaupt auf die Prager Burg einzuziehen, kläglich gescheitert war. Sein Comeback schaffte er außerhalb der CSSD mit einem wohl gepflegten Image des überparteilichen Volkshelden.

Im Gegensatz zu Zeman, der bei Umfragewerten von mehr als 20 Prozent der große Favorit für den Einzug in die Stichwahl Ende Jänner ist, hat der Kandidat der CSSD, Jiri Dienstbier Junior, keine Chance. Genauso wenig wie der Kandidat der ODS, Premysl Sobotka. Um den 40-jahrigen Dienstbier, so der Konsens unter den tschechischen Wählern, wäre es momentan schade im Amt des Präsidenten. Viele betrachten ihn als zu unerfahren und zu jung, um das höchste Amt im Land einzunehmen. Anders Premysl Sobotka. Der ehemalige Senatspräsident ist ein alter Hase in der Politik und genau das schadet seinem Ruf. Als Favorit, neben Zeman in die Stichwahl einzuziehen, gilt der parteilose Ex-Interimspremier Jan Fischer. Außenminister Karel Schwarzenberg werden nur Außenseiterchancen eingeräumt.