Wahl eines Parlamentspräsidenten ist geglückt. | Sozialdemokraten wollen bei Kabinettsbildung mitreden. | Prag. Erst heute Mittwoch, am Tag 73 nach den Wahlen, reicht die sozialdemokratische Regierung von Ji ø i Paroubek ihren Rücktritt ein. So macht sie die politische Bühne frei für den Vorsitzenden der konservativen Bürgerpartei (ODS) Mirek Topolánek. Ob dieser es schaffen wird, eine Regierung zu bilden, bleibt allerdings fraglich.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Denn nach einem gescheiterten Versuch einer Koalition mit Christdemokraten und Grünen, bleibt Topolánek nun nur noch die Variante einer Minderheitsregierung. Doch die Sozialdemokraten drohen, diese nicht zu tolerieren.
Ermöglicht wurde der Abgang der Regierung durch die erst im siebten Anlauf erfolgreiche Wahl des Parlamentspräsidenten am Montag. Denn die tschechische Verfassung bestimmt, dass zuerst ein neuer Abgeordnetenchef gewählt sein muss, bevor eine alte Regierung ab- und eine neue antreten darf. Sollte es zu zwei erfolglosen Versuchen der Regierungsbildung kommen, ist es beim dritten Anlauf Aufgabe des Parlamentspräsidenten, den Regierungschef zu bestimmen.
Allerdings schlugen die Parlamentarier der Verfassung ein Schnippchen. Um an die Spitze des Parlaments gewählt zu werden, musste Sozialdemokrat Miloslav Vl è ek unterschreiben, dass er vor einem dritten Versuch der Bildung einer Regierung zurücktreten und der Rolle des Königsmachers entsagen würde.
Noch-Premier gibt
Hoffnung nicht auf
Vl è ek wurde zwar mit 174 von 197 anwesenden Stimmen gewählt. Im Falle einer ODS-Regierung wird er aber von Noch-Premier Ji ø i Paroubek abgelöst werden. Der schickte den Stellvertreter Vl è ek ins Rennen, weil er selbst die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben hat, doch noch die nächste Regierung bilden zu dürfen.
Das bekommt die ODS jetzt zu spüren. Nach der Wahl des Parlamentspräsidenten sank die Toleranz der Genossen gegenüber einer zukünftigen Minderheitsregierung unter der Bürgerpartei rapide ab. "Ich habe Herrn Topolánek heute offen gesagt, dass ich daran zweifle, wenn die Verhandlungen weiter auf diese Art laufen," erklärte Paroubek. Ganz ausgeschlossen dürfte er die Möglichkeit, selbst die nächste Regierung zu bilden, immer noch nicht haben. Vor allem, da Präsident Vaclav Klaus eine derartige Variante vergangene Woche in Aussicht gestellt hatte, sollte Topolánek weiterhin keinen Erfolg haben.
Dabei schien vergangene Woche alles klar. Am Wochenende fand ein Treffen der Vorsitzenden der parlamentarischen Parteien - das sind die Grünen, die Christdemokraten (KDU-CSL) und die Kommunisten (KSCM), die zusammen mit der CSSD den linken Block bilden, statt. Dabei kam man zu einer Einigung: Die ODS dürfe, wenn auch mit 81 Stimmen im 200-köpfigen Parlament nicht mehrheitsfähig, regieren. Dafür erhalte die CSSD den Parlamentspräsidenten. Als Zugeständnis an die CSSD hat die ODS einige Kabinettsposten für unparteiische Experten reserviert. Im Gegenzug fordert sie eine uneingeschränkte Toleranz für ihre Regierung und zwar auf die gesamte Legislaturperiode hin.
Doch die CSSD zeigt Zähne: Nicht nur, dass ihr die Verhandlungsweise der ODS nicht passt. Sie pocht auch darauf, bei der Ernennung parteiloser Experten das eine oder andere Wörtchen mitzureden. Doch das würde der ODS wie auch der KDU-CSL und den Grünen, auf deren Stimmen eine ODS-Minderheitsregierung auch angewiesen wäre, zu sehr nach großer Koalition riechen. "Für uns ist eine große Koalition inakzeptabel und es ist nicht möglich, dass sie uns Minister auswählen," war der stellvertretende ODS-Parteivorsitzende Petr Necas sichtlich um Klarstellung bemüht. Seite 10