Multimillionär klagt gegen Ausschluss bei der Präsidentenwahl.
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Prag. Erste Fragezeichen hängen über der tschechischen Präsidentschaftswahl, die am 11. und 12. Januar kommenden Jahres stattfinden soll. Tomio Okamura, tschechisch-japanischer Reiseunternehmer und seit Oktober dieses Jahres Senator, plant, Klage beim tschechischen Verfassungsgericht einzulegen.
Erst vor kurzem hatte das tschechische Verwaltungsgericht entschieden, Okamura nicht zur Wahl zuzulassen. Ebenso wenig wie den Kandidaten Vladimir Dlouhy. Alle beide, begründete das Gericht die Entscheidung, haben die wichtigste Voraussetzung für die Kandidatur nicht erfüllt: die Unterschriften von mindestens 50.000 - gültigen - Unterstützern. Gerade Okamura sei dem Gericht besonders negativ aufgefallen, da eine Vielzahl seiner Unterschriftenbögen in der selben Schrift verfasst sei.
Das will der 40-jährige Self-made-Millionär mit starken Politambitionen nicht auf sich sitzen lassen. "Mir haben Leute, die Unterschriften gesammelt haben, gesagt, dass sie die Bögen der Lesbarkeit wegen selbst ausgefüllt und erst dann haben unterzeichnen lassen", erklärte Okamura. Gleich nach den Weihnachtsfeiertagen will er sich beim Verfassungsgericht darüber beschweren, dass sein Ausscheiden aus dem Wettrennen um die Prager Burg die Verfassungsrechte seiner knapp 60.000 Unterstützer beschneiden würde. Sollten die Richter die Klage annehmen, steht der Wahltermin im Jänner auf der Kippe.
Sollte Okamura mit seiner Klage abgewiesen werden, gehen am 11. Januar acht Kandidaten ins Rennen. Doch Persönlichkeiten wie Außenminister Karl Schwarzenberg, der Europa-Abgeordneten Zuzana Roithova oder dem ganzkörpertätowierten Musikprofessor Vladimir Franz werden wenig Chancen eingeräumt, es in die Stichwahl zu schaffen, die zwei Wochen später stattfindet. Die wird zwischen zwei ehemaligen Ministerpräsidenten entschieden werden: Jan Fischer, ein gesichtsloser Beamter, der ein Interims-Kabinett nach dem Fall der Regierung Topolanek während der tschechischen EU-Präsidentschaft 2009 geführt hat, schielt seit Monaten auf die Nachfolge von Vaclav Klaus. Mit einer wohl orchestrierten Kampagne als politischer Saubermann versucht er seine Vergangenheit als kommunistischer Mitläufer reinzuwaschen.
Politdinosaurier Milos Zeman hingegen, der als sozialdemokratischer Ministerpräsident das Land während des sogenannten Oppositionsvertrages zwischen 1996 und 2002 geführt hatte und für seine deftigen Sprüche bekannt ist, kann sich laut Umfragen auf die meisten Wählerstimmen freuen. Als Zünglein an der Waage kommt höchstens noch Jiri Dienstbier in Frage. Der Sohn des verstorbenen Dissidenten gilt bei vielen als das kleinste Übel.
Für Zeman ist es der zweite Anlauf auf die Prager Burg. 2003, als er sich um die Nachfolge Vaclav Havels bewarb, ist er seinem langjährigen Rivalen, Noch-Präsident Vaclav Klaus, unterlegen.