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Tschechische Milliardäre greifen nach Casinos

Von Clemens Neuhold

Wirtschaft

Austro-tschechisches Konsortium will Glücksspielriesen zwischen Wien, | Athen, Prag, Amsterdam und Istanbul aufziehen. Neue Automatenoffensive für Wien?


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Wien. Die Kugel im Roulette um die künftige Eigentümerschaft der Casinos Austria (AG) rollt. Und sie könnte auch bei einem austro-tschechischen Konsortium rund um den Wiener Investor Peter Goldscheider und die beiden tschechischen Milliardäre Karl Komarek und Jiri Smejc landen.

Dem Zufall bleibt das Bieterrennen um die 67,8 Prozent am rot-weiß-roten Casino nicht überlassen, eher der Schwerkraft des Geldes und der politischen Beziehungen. Die Bieter bereiten sich seit 14 Monaten vor, mit Beratern wie der KPMG und Casino-Experten aus Las Vegas und Macau. Nun wollen sie in 14 Tagen ein verbindliches Angebot legen und nutzen die Zeit dazwischen für Werbung in eigener Sache.

Wetten wie die Griechen

Goldscheider, der mit Ost-Geschäften groß geworden ist, verweist auf die Hotelgruppe Valamar, die man zur Nummer eins in Kroatien gemacht habe; die Manager der tschechischen Milliardäre auf die Erfahrung im Glücksspiel. So gehört Komarek der größte Glücksspielkonzern Tschechiens, Sazka, und Smejc der 2013 privatisierte griechische Glücksspielkonzern OPAP.

Zwischen Athen, Wien, Prag soll aber nicht Schluss sein. Ein europäischer Glücksspielriese sei das Ziel, von Holland bis zur Türkei. Doch schon nach Wien ist es ein weiter Weg. Denn die Liste der Mitbieter wächst. Darunter befindet sich sogar der Staat. Finanzminister Hans-Jörg Schelling will bekanntlich, dass die Bundesholding ÖBIB ihre 32,2 Prozent an den Casinos auf 100 Prozent aufstockt, um die Casag später eventuell an die Börse zu bringen. Nicht nur Goldscheider will dieser ungewöhnlichen "Verstaatsprivatisierung" zuvorkommen und die derzeitigen Eigentümer zum direkten Verkauf überreden. Die Mietbieter: Wie in der "Wiener Zeitung" berichtet, hat die Novia-Gruppe aus Malta, bei der Ex-Raiffeisen-Bank-International-Boss Herbert Stepic und Ex-SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer mit im Boot sind, Interesse. Weiters soll der israelisch-britische Milliardär Teddy Sagi mit von der Bieter-Partie sein, der kürzlich Hans Peter Haselsteiners Anteile an der Immobilienfirma conwert übernommen hat. Sagi ist Mehrheitseigentümer des in London notierten Playtech-Konzerns, einem Hersteller von Software für Glücksspielgeräte.

Die größten Verkäufer der zersplitterten Casino-Anteile: Die Medial Beteiligungs-GmbH mit 38 Prozent an der Casag, hinter ihr stehen neben Schelhammer & Schattera die Donau Versicherung, der von Ex-ÖVP-Vizekanzler Josef Pröll geführte Mühlenkonzern Leipnik-Lundenburger sowie die Uniqa. Pröll ist Sprecher der Medial. Der MTB-Privatstiftung von Maria Theresia Bablik gehören 16,8 Prozent an den Casinos. Sie will unbedingt verkaufen.

Pläne für Wien

Seinen Preis will Goldscheider noch nicht verraten. Rund 500 Millionen Euro soll die Casag laut Gutachten Wert sein. Wobei der Zwei-Drittel-Anteil an den Lotterien die Cash-Cow ist. Starker Umsatzbringer ist die Online-Tochter win2day und auch die Spielautomaten der Casinos (VLTs) bringen Cash. Das Kerngeschäft in den Spielcasinos darbt hingegen, wäre aber auch nicht die Priorität Goldscheiders. "Online wäre für uns ein absoluter Schwerpunkt."

Und auch bei den VLTs, sagt Goldscheider, "würden wir tun, was geht" - um sich nach einer kurzen Nachdenkpause selbst zu korrigieren. "Ohne politische Debatte würden wir frühere politische Zusagen nicht wegwischen." Wurde ihm das heikle Terrain des Wiener Automatenverbots zwischen den beiden Sätzen bewusst? Die Casinos dürften laut Gesetz tausende neue Automaten aufstellen - auch in Wien. Dort sind Automaten seit Jahresbeginn verboten, VLTs sind ausgenommen. Aber es gibt eine alte Zusage der Casinos, bei einem Verbot auch auf VLTs in Wien zu verzichten. Dass die möglichen Neo-Eigentümer massiv auf VLTs setzen, zeigt Griechenland. Sie wollen das Land und seine krisengebeutelte Bevölkerung mit 35.000 Spielautomaten beglücken.