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Tschernobyl: Das Protokoll einer Katastrophe

Von WZ Online

Tschernobyl

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Freitag, 25. April 1986, 1.00 Uhr: Die Bedienungsmannschaft beginnt, die Leistung des Reaktors herunterzufahren. Sie will testen, ob bei einem Stromausfall die auslaufenden Turbinen für die Versorgung der Notkühlung genutzt werden können.

13.05 Uhr: Weil aus Kiew wieder Strom verlangt wird, verschiebt die Mannschaft das Experiment. Neun bis zehn Stunden später wird der Reaktor weiter heruntergefahren.

Samstag, 26. April, 0.28 Uhr: Die Leistung fällt aus ungeklärten Gründen auf unter 30 Megawatt (ein Prozent der Nennleistung) ab. Dafür ist der Reaktor aber nicht ausgelegt, er wird instabil.

0.32 Uhr: Die Mannschaft kann den Reaktor wieder auf 200 Megawatt (MW) hochfahren, indem sie mehr Bremsstäbe als zulässig entfernt. Trotzdem werden die Vorbereitungen für den Test fortgesetzt.

1.15 Uhr: Der Versuchsleiter überbrückt die Signale, die zu einer Notabschaltung geführt hätten.

1.23 Uhr: Der Test beginnt mit der Schließung von Turbinenventilen. In weniger als 50 Sekunden kommt es zur Katastrophe:

Die Leistung erhöht sich auf mehr als 300.000 MW. Dadurch steigt die Temperatur an und das Kühlmittel verdampft. Dies wiederum verursacht eine erhöhte Reaktivität.

Das Personal versucht eine Notabschaltung. Doch die Bremsstäbe lassen sich nicht vollständig und schnell genug einfahren, weil die Hitze die Kanäle der Stäbe verformt hat. Die Grafitspitzen beschleunigen die Kettenreaktion.

Die Brennelemente reißen und reagieren mit dem sie umgebenden Wasser. Zwei aufeinander folgende Dampfexplosionen zerstören den Reaktor. Weil ein druckfester Sicherheitsbehälter fehlt, werden Trümmer und spaltbares Material ausgeworfen.

In den Flammen steigen die radioaktiven Partikel auf und der Wind verbreitet sie über ganz Europa.