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Mujahedin überfallen Polizeiposten und liefern sich stundenlange Straßenkämpfe mit Sicherheitskräften: mindestens 19 Tote.
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Grosny. Von Ramsan Kadyrow wurde er schon oft für besiegt erklärt. Nun hat Tschetscheniens bewaffneter Widerstand wieder ein kräftiges Lebenszeichen von sich gegeben - inmitten der Hauptstadt Grosny. Angereist im Autokonvoi, griffen Untergrundkämpfer im Stadtzentrum zunächst einen Verkehrspolizeiposten an, danach lieferten sie sich stundenlange Schusswechsel mit den Truppen des russischen Innenministeriums. Die offizielle Todesbilanz: mindestens zehn Polizisten und neun Angreifer. Im Internet kursierten Zahlen über mehrere Dutzend Sicherheitskräften. Ein Verlagshaus, in dem sich einige der Kämpfer verschanzt hatten, ging bei dem Feuergefecht in Flammen auf. Zunächst war unklar, ob die Angreifer alle getötet wurden.
Es war der schwerste Zwischenfall in der von Krieg, Folter und Gewalt gezeichneten Nordkaukasusrepublik seit Sommer 2010, als bewaffnete Gegner des Kadyrowschen Terrorregimes dessen Heimatort Tsentoroi überfallen und mehrere Dutzend Mitglieder seiner berüchtigten Leibgarde erschossen hatten. Das eigentliche Ziel, Kadyrows Luxusanwesen, auf dem dieser nach wie vor geheime Folterlager betreibt, wie Augenzeugen berichten, konnten die Angreifer des selbsternannten "Kaukasus-Emirats" damals nicht einnehmen. Hingerichtete Gefangene präsentierte der Republikschef nach deren Abzug als gefallene Mujahedin.
Auch zum Angriff auf Grosny am Donnerstag bekannte sich das für einen von Russland unabhängigen Nordkaukasus-Staat islamischer Prägung kämpfende Emirat. Das Selbstmordkommando würde vom Anführer, Scheich Ali Abu Mohammed, befehligt und "kämpfen bis zum Tod", hieß es in einem am Donnerstag veröffentlichten Internetbekennervideo.
Kadyrow, der in Tschetschenien das verhindern soll, was der Kreml in der Ostukraine gerade versucht - eine gewaltsame Abspaltung vom Mutterland -, konnte die Blamage über den Vorfall nur schwer überspielen. Während des Sturms auf seine Sicherheitskräfte verfolgte der 38-Jährige in Moskau gerade aufmerksam Wladimir Putins Rede. "Unsere Jungen räumen mit ihnen auf", versprach der russische Präsident, die Angreifer würden vernichtet.
In Putins Augen sollte Kadyrow diese Aufgabe nach zwei russischen Kriegen gegen Tschetschenien schon längst erledigt haben. Doch der redet mangels durchschlagender Erfolge den bewaffneten Widerstand lieber klein. Und zeigt auf Ausländer als "Friedens-"Saboteure. "Wir schließen nicht aus, dass diese Leute aus einer anderen Region kommen könnten.Denn in Tschetschenien "gibt es keine Mitglieder bewaffneter Gruppen mehr, die zu so etwas fähig sind", schrieb Kadyrow nach dem Agmnriff auf Grosny im sozialen Netzwerk Instagram und postete das Foto einer Leiche.
Kadyrow beharrt darauf, dass außer einer Handvoll "Banditen" keine Kämpfer mehr in den Bergen sind. Auch wenn wie Anfang Oktober, ein Anschlag auf ihn knapp scheitert. Der Täter ist tot; Kadyrows Milizen nahmen kurz darauf die gesamte Familie eines mutmaßlichen Bekannten des Attentäters als Geisel und brachten sie an einen unbekannten Ort: Die Verwandten würden erst freigelassen, wenn sich der Flüchtige stelle, drohte die Kadyrow-Garde. Der dürfte sich allerdings bereits in die Berge absetzt haben, wie so viele, die Kadyrow bedroht.