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Tumpel: "Schluss mit billigen Arbeitskräften"

Von WZOnline

Europaarchiv

Eine Verlängerung der Übergangsfrist für die Öffnung des heimischen Arbeitsmarktes um weitere drei Jahre verlangt AK-Präsident Herbert Tumpel anlässlich des ersten Jahrestages der EU-Erweiterung am 1. Mai. Es gebe jetzt schon namhafte Wirtschaftsvertreter, die lautstark eine Verkürzung dieser wichtigen Schutzfrist für die österreichischen Arbeitnehmer fordern, kritisierte Tumpel - diesem Druck dürfe die Regierung auf gar keinen Fall nachgeben. Der österreichische Arbeitsmarkt brauche diesen Schutz.


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Nur die von AK und Gewerkschaften geforderte Übergangsfrist hätte dramatische Umbrüche auf dem Arbeitsmarkt nach der Osterweiterung verhindert, so der AK-Chef. Dennoch seien die Prognosen "von der Tendenz her voll" eingetreten: Im letzten Quartal 2004 seien 41.391 Arbeitnehmer mit Beschäftigungsbewilligung aus den neuen EU-Mitgliedsländern in Österreich tätig gewesen, das sei mit 21,2 Prozent "fast ein Viertel" mehr als im Jahr davor, rechnet Tumpel vor. Dazu kämen 66.500 Beschäftigungsbewilligungen für Saisoniers, die das Wirtschaftsministerium im Vorjahr ausgestellt habe. 3.900 Grenzgänger und Praktikanten würden allein aus Ungarn kommen. Zusätzlich würden Tausende "Ein-Personen-Unternehmen" ihre Arbeitsleistung besonders in der Baubranche anbieten. In Wahrheit seien das persönlich und wirtschaftlich abhängige Arbeitnehmer, die mit der Scheinselbständigkeit die Übergangsfristen umgehen.

Gleichzeitig werde jeder vierte Arbeitnehmer in Österreich heuer zumindest einmal die Arbeit verlieren, sagt Tumpel, "die Forderung der Wirtschaft nach noch mehr billigen Arbeitskräften aus dem Ausland muss klipp und klar abgelehnt werden." Der AK-Präsident fordert daher eine Verlängerung der Übergangsfrist über 2006 hinaus, keine weiteren Beschäftigungsabkommen, weniger Saisonierbewilligungen und ein wirkungsvolles Gesetz gegen das "organisierte Schwarzunternehmertum".

Solange die Löhne in den neuen EU-Ländern um so viel niedriger und die Arbeitslosigkeit um so viel höher seien, bleibe der Anreiz hoch, in Österreich Arbeit zu suchen. Und an dieser Situation habe sich im vergangenen Jahr nichts geändert. Während die Monatsdurchschnittslöhne in Österreich bei 2.190 Euro lagen, betrugen sie in Tschechien nach wie vor nur 490 Euro und in der Slowakei 310 Euro, also weniger als ein Siebentel. Die Arbeitslosigkeit in den neuen EU-Ländern sei unverändert hoch - bis zu 19 Prozent in Polen und der Slowakei.

Darüber hinaus fordert Tumpel, auf "Erweiterungs-Experimente" zu verzichten, solange die EU die letzte Erweiterung um 10 Länder nicht verkraftet habe. Es sei unverantwortlich, Länder mit hoher Arbeitslosigkeit wie Rumänien und Bulgarien in die EU aufzunehmen. Als "Startschuss für ein enormes Lohn- und Sozialdumping" kritisierte Tumpel die geplante EU-Dienstleistungsrichtlinie.