Regierung schließt Insolvenz der Hypo Alpe Adria nicht a priori aus.
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Wien. Bis Ende Februar sollen offene Punkte für die Abwicklung der Hypo Alpe Adria geklärt sein. Es geht laut Finanzprokuratur (Anwalt der Republik) um einen Schaden für die Republik von zehn Milliarden Euro, die Regierung ist dementsprechend nervös. Im Gegensatz zu den bisherigen Äußerungen ist eine Insolvenz der maroden Bank nicht vom Tisch. Weder das Bundeskanzleramt noch das Finanzministerium wollen eine solche Variante ausschließen.
Die Taskforce der Hypo um deren Aufsichtsratspräsidenten Klaus Liebscher und Ex-Staatsanwalt Georg Krakow muss klären, ob das von ihr präferierte Modell auch vor Eurostat standhält. Dieses Modell sieht vor, dass die Hypo in einen stiftungsähnlichen Fonds eingebracht wird, in dem die heimischen Banken (vorerst) mehr als 50 Prozent der Kosten einzahlen. Dadurch soll verhindert werden, dass jene 19 Milliarden Euro Geschäftsvolumen, die langsam liquidiert werden müssen, der Staatsschuld angerechnet werden. Die würde auf über 80 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung steigen, was Investoren tendenziell beunruhigt.
Das Faktum, dass die Banken sich nicht an der Bad Bank beteiligen, sondern bloß einzahlen, könnte zum Stolperstein werden. Denn bei der ganzen Übung würden die tatsächlichen Verluste beim Steuerzahler landen, sie würden nur statistisch nicht aufscheinen.
Eine direkte Beteiligung an der Hypo-Abwicklung lehnen die Banken allerdings ab, sie wollen zudem die Einzahlung an den Hypo-Fonds mit der bestehenden Bankenabgabe gegenrechnen. Diese Bankenabgabe spült derzeit 600 Millionen Euro ins Bundesbudget. Wenn der von den Banken gewünschte Tausch durchgeführt wird, klafft also ein Loch im Budget, das durch Einsparungen woanders geschlossen werden müsste. Die SPÖ und Kanzler Werner Faymann haben damit wenig Freude, wie aus dem Bundeskanzleramt zu hören ist.
Warnung vor "Kollateralschäden"
"Wir müssen auch die Insolvenz-Lösung ins Auge fassen", sagte denn auch Wifo-Chef Karl Aiginger am Montag. Das Wifo beurteilt die Wirtschaftsdaten der Republik. Der Druck der Regierung auf Taskforce-Chef Klaus Liebscher steigt daher. Er ist strikt gegen eine Insolvenz der Bank, weil er Kollateralschäden für die Republik fürchtet. Eine Insolvenz der Bank würde das Land Kärnten hart treffen, denn - vor allem in den Haider-Jahren 2005 bis 2007 - wurden Haftungen für die damalige Landesbank abgegeben. Sie machen derzeit 12,5 Milliarden Euro aus.
Der Vorteil einer Insolvenz: Die privaten Gläubiger der Bank würden mitzahlen - auch die Bayerische Landesbank, die direkt noch mit 2,3 Milliarden Euro in der Hypo engagiert ist. "Und dann geht es um weit mehr als zwei Milliarden Euro, die von den Bayern aus der Hypo gezogen wurden und die ein Masseverwalter vermutlich zurückfordern würde", sagte ein Insolvenzexperte zur "Wiener Zeitung", der namentlich nicht aufscheinen möchte. "Wenn es zur Insolvenz kommt, muss man es tun, und nicht darüber reden", ist ebenso inoffiziell aus Regierungskreisen zu hören. Wie die "Wiener Zeitung" exklusiv berichtete, wird es aber von Finanzminister Michael Spindelegger ein Gespräch mit den Finanzsprechern der Opposition geben - und die fordern die Offenlegung des Insolvenz-Szenarios. Denn diese Variante wurde in einem Gutachten, das vom Finanzministerium selbst in Auftrag gegeben wurde, als - mit Vorbehalt - günstigste Variante erachtet. Der Grund dafür ist klar: Die Bayern würden dann mit wenigstens 2,3 Milliarden Euro beitragen, vermutlich aber mit mehr. Großgläubiger von Hypo-Anleihen würden bei einer Pleite der Bank das Land Kärnten auf Haftungsübernahme klagen müssen. Kärnten wäre dazu außerstande, und da es keine Insolvenzregelung für ein Bundesland gibt, ist die Frage offen, ob es dafür ein zuständiges Gericht in Österreich gibt.
Daher ist auch in Regierungskreisen die Idee aufgetaucht, es darauf ankommen zu lassen. Der Bund könnte den Anleihe-Gläubigern ein Offert machen und Bundesanleihen gegen die Landeshaftung tauschen im Nennwert von zirka 50 Prozent. Das würde den Steuerzahlern Milliarden ersparen, bestätigen Wertpapierexperten heimischer Banken der "Wiener Zeitung". Denn die Haftung des Landes Kärnten ist eine sogenannte Ausfallshaftung, wird also erst ganz zum Schluss schlagend, wenn die Hypo liquidiert wird. Das dauert wenigstens zehn Jahre. "Das steht alles in den Prospekten, die vor Begebung der Anleihen verteilt wurden. Es ist für große Fondsmanager schwierig, vor einem Gericht nachzuweisen, man kannte das alles nicht. Das sind professionelle Anleger, die wegen ihrer Sachkenntnis einem Richter kaum erklären können, sie hätten das nicht kapiert", sagte ein Anwalt, der sich mit der Causa beschäftigt.
Am Schluss ist die Regierung verantwortlich
All diese Informationen laufen derzeit im Finanzministerium und im Bundeskanzleramt zusammen. "Liebscher will die Insolvenz nicht, aber das muss er im Detail erklären", ist aus Regierungskreisen zu hören: "Denn er gibt die Expertise. Aber was immer wir machen, bleibt an der Regierung hängen und nicht an ihm." Der Regierungsvertreter wollte sich freilich auch nicht zitieren lassen.
Die - wie berichtet - in der Vorwoche ventilierte Idee, im Ernstfall Kärnten mit einem langfristigen Kredit des Bundes unter die Arme zu greifen, um die Verpflichtungen des Landes abzudecken, gewinnt indes an Fahrt. Wenn der Bund dafür Kredite aufnimmt, würden die Zinsen deutlich niedriger sein als beim Land Kärnten. Dieser Zinsvorteil würde allerdings dem Land zugutekommen. Der Kredit könnte ein Volumen von etwa fünf Milliarden Euro umfassen. Je nach Laufzeit, die zwischen 30 und 50 Jahren angegeben wird, würde die jährliche Belastung für Kärnten um 100 Millionen Euro liegen. Das Bundesland hat ein jährliches Budget von knapp zwei Milliarden.