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Arbeitsrechtler Schrank begrüßt die Vereinfachungen im Entwurf zum Arbeitszeitgesetz.
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Wien. Der Vorschlag von ÖVP und FPÖ zum neuen Arbeitszeitgesetz unterscheide sich von allem, was bisher da gewesen sei. "Es ist ein richtiger Vereinfachungsschritt, das Klein-Klein wurde ausgeräumt", sagt Franz Schrank, vormals Universitätsprofessor am Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Universität Wien sowie Leiter des Instituts für Wirtschafts- und Standortentwicklung der Wirtschaftskammer Steiermark, zur "Wiener Zeitung". Es gehe grundsätzlich nicht um mehr, sondern um flexiblere Arbeit. Um mehr Selbstbestimmung der Arbeitnehmer, aber auch um mehr innerbetrieblichen Freiraum.
Der Arbeitsrechtler geht davon aus, dass die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ keine großen Änderungen mehr an ihrem Entwurf vornehmen werden. Warum die Wirtschaft so auf diesen Schritt gedrängt hat, erklärt Schrank damit, dass es viele Schikanen gegeben habe. Er könne sich erinnern, dass es vor Ende der 80er Jahre kaum Anfragen zum Arbeitszeitgesetz gegeben habe. Begonnen habe das erst, als immer komplexere Regeln gekommen seien und vor allem die Strafen sich gemehrt hätten. Mit der neuen Regelung werde man nun auch in Spitzenzeiten ohne Vergehen auskommen. Die Vereinfachung sei eine Folge der strikten Kontrollen des Arbeitsinspektorats.
Fallen die Arbeitnehmer dann nicht um ihre Freizeit um? Nein, sagt Schrank. Man müsse beim Arbeitszeitgesetz immer das "Multitasking" im Kopf haben. Ja, es sei ein 12-Stunden-Tag und es seien auch 60 Stunden pro Woche möglich, aber: In 17 Wochen (also vier Monaten) darf der Wochendurchschnitt nicht über 48 Stunden liegen. Das gibt die EU-Richtlinie vor. Unberührt bleibe auch die Ruhezeit von elf Stunden. Das allerdings mit einer Ausnahme: In der Gastronomie darf die Ruhezeit auch auf mindestens acht Stunden werden, wenn es einen geteilten Dienst gibt, also eine lange Pause etwa am Nachmittag.
Wenn man die anderen Regeln also mitberücksichtige, sollte es zu keinen überbordenden Anforderungen an die Arbeitnehmer kommen, sagt der Arbeitsrechtler.
Aber fallen dann nicht alle Schranken, wird es nicht möglich, vor allem weniger qualifizierte Arbeitnehmer auszubeuten? Dem stehe die Geldbörse der Unternehmen entgegen, sagt Schrank. Denn Überstunden seien teuer, und außerdem greifen eben die anderen Regelungen: 11 Stunden Ruhezeit, durchschnittlich höchstens 48 Wochenstunden in vier Monaten.
Ein Elfer für die Gewerkschaft
"Für die Gewerkschaft war die Vorgangsweise der Koalitionsparteien allerdings ein aufgelegter Elfer", sagt Schrank. Denn das sei sehr plötzlich gekommen - allerdings nach einem jahrelangen Tauziehen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressenvertretern.
Und die Gewerkschaft nimmt den Ball sehr gerne auf. Für die geplante Demonstration am 30. Juni in Wien, dem Tag, an dem die Regierung in Schladming zu einem Europa-Picknick lädt, um die EU-Präsidentschaft einzuleiten, wird bereits mit Hochdruck gearbeitet. Selbst die Vorarlberger Betriebsräte haben bereits ihr Kommen zugesagt. In nahezu allen Betrieben in Österreich finden kommende Woche Betriebsversammlungen statt. Die oberösterreichischen Gewerkschafter organisieren schon für Dienstag, den 26. Juni, einen "Sternmarsch für ein soziales Österreich" ab 13 Uhr vom Linzer Hauptbahnhof, der Gebietskrankenkasse und der PVA zur Wirtschaftskammer und danach weiter zum Landhaus.
Das Wort "Streik" wird aber noch nicht bemüht. "Man fängt einen Arbeitskampf nicht mit einem Streik an", erklärte Pro-Ge-Bundesvorsitzender Rainer Wimmer, fügte aber hinzu: "Wir sind zu allem bereit." Für die Großdemonstration erwartet der ÖGB zahlreiche Teilnehmer. Man erinnere sich an die 150.000 Teilnehmer der Demonstration am Heldenplatz im Mai 2003 gegen die damals von Schwarz-Blau I beschlossene Pensionsreform. Am Tag zuvor, am Freitag, findet die von der SPÖ geforderte Nationalratssondersitzung zum Thema statt.
"Das wird kein Lüfterl, das wird ein Sturm", gab sich Wimmer kämpferisch. Die Regierung ziele "auf das Geldbörsel der Arbeitnehmer ab", um die ÖVP-Wahlkampfspender zufriedenzustellen. "Der Regierung geht es darum, den Betriebsrat als Schutzschild auszuschalten."
Tatsächlich kommt der Betriebsrat im Gesetzesentwurf nur ins Spiel, wenn es um die Festlegung geht, dass Sonntagsarbeit viermal pro Jahr und Person möglich sein soll. Ansonsten wird der Betriebsrat völlig draußen gelassen. Das sei aber, so hat das der Arbeitszeitforscher Johannes Gärtner der "Wiener Zeitung" gegenüber erklärt, einer der wenigen Aspekte, die sowohl für Unternehmen als auch Arbeitnehmer positiv zu bewerten sei. Ansonsten sieht der Arbeitszeitforscher ja wenig Grund für Lob, da schon mehr als vier Wochen mit überlangen Arbeitszeiten ungesund seien.