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Israels Ministerpräsident Ehud Bark wird bereits einen Monat nach der Bildung seiner neuen Regierung mit einer schweren Koalitionskrise konfrontiert. Streitpunkt mit den drei religiösen
Koalitionsparteien, die im Parlament über 27 von insgesamt 120 Mandaten verfügen, ist der Transport einer gigantischen Turbine vom Hersteller zum Wärmekraftwerk in Asheklon in der Nacht auf Samstag,
was die Führer dieser Parteien als eine gezielte Entweihung der Sabbatruhe bezeichneten.
Der neue Minister für Infrastruktur, Eli Suissa, der der ultraorthodoxen Shas-Partei angehört und dem die staatliche Elektrizitätsgesellschaft untersteht, hatte vor einem Austritt seiner Partei (17
Mandate im Parlament) aus der Regierungskoalition gewarnt, falls die Turbinenanlage am Sabbat transportiert werden sollte. Er hatte sogar einen Alternativvorschlag für einen solchen Transport an
einem Wochentag ausgearbeitet.
Die Experten der Elektrizitätsgesellschaft waren jedoch der Ansicht, dass die Durchführung seines Vorschlages schwere finanzielle Einbußen bringen würde. Dadurch wäre es ferner zu stundenlangen Staus
auf einem Hauptverkehrsweg Israels und seinen Zubringerstraßen gekommen, auch der Transport von Importwaren aus dem Hafen von Ashdod in die übrigen Teile des Landes wäre behindert worden. All dies
sei mit dem Transport in der Nacht auf Samstag, wie es bisher mit verkehrsbehindernden Schwertransporten üblich war, vermieden worden. Auch das Oberste Gericht hatte den Freitag-Nacht-Transport
genehmigt.
Ministerpräsident Barak und die Polizei, die für die Absicherung des Transportes zuständig ist, waren der Ansicht, dass die Entscheidung Experten überlassen werden sollte. Diese erklärten, dass der
Transport an einem Werktag während des Berufsverkehrs schwere Beeinträchtigungen verursachen würde. Nach langen Streitereien über die Frage, ob die den Transport beaufsichtigenden Ingenieure der
Brücken- und Straßenbaubehörde am Sabbat arbeiten dürfen · was die von der Shas-Partei kontrollierten Ministerien für Arbeit und Infrastruktur strikt ablehnen ·, verzichtete die Polizei auf diese
Ingenieure und erteilte die Anweisung, die Turbinenanlage am Sabbat auf den Weg zu schicken.
Die Entweihung der Sabbatruhe löste einen Sturm der Entrüstung in den drei religiösen Koalitionsparteien aus. Der Oberste Rabbinerrat der Shas-Partei trat am Sonntag zusammen, um einen Vorschlag zum
Austritt aus der Regierungskoalition zu erörtern. Das Thora-Judentum (fünf Mandate im Parlament) ergriff die Initiative zur Einberufung einer Sondersitzung des Parlaments während der Sommerferien.
Die orthodoxe Nationalreligiöse Partei (fünf Mandate) kritisierte den Transport scharf, will jedoch als Vertreter der Siedler im Westjordanland eine Regierungskrise vorerst vermeiden.
Sollten aber alle drei religiösen Parteien in der Sondersitzung des Parlaments mit der Opposition agieren, könnte dies die Regierung Barak gefährden. Die Regierung kann laut geltendem Statut nicht
während der Sommerferien durch ein Misstrauensvotum gestürzt werden.
Barak versuchte am Wochenende, einen Domino-Effekt zu verhindern. Er wandte sich an das geistige Oberhaupt der Shas-Partei, den früheren Oberrabbiner Israels, Ovadya Josef, und versprach ihm, in
solchen Fällen künftig nicht nur Experten, sondern auch die Gefühle der religiösen Bevölkerung Israels zu berücksichtigen.