2024 fliegen wir doppelt so oft und so weit wie heute. | Wien. Das Match wird wieder spannend: Während in den letzten drei Jahren der europäische Flugzeugbauer Airbus den zuvor jahrzehntelang dominierenden US-Konkurrenten Boeing von Rang 1 der weltweiten Flugzeugindustrie stürzte und auch heuer mehr Flugzeuge ausliefern wird, haben die Amerikaner 2005 beim Auftragseingang erstmals seit fünf Jahren wieder die Nase vorne - sie holten sich nach neun Monaten gut 60 Prozent vom Auftragskuchen.
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Angesichts explodierender Treibstoffpreise - schon 2004 mussten die Airlines weltweit 19 Mrd. Dollar mehr für Kerosin zahlen als ein Jahr zuvor, heuer ging der Preisauftrieb munter weiter und treibt erneut viele Fluggesellschaften tief in die roten Zahlen - setzt Boeing verstärkt auf Direktflüge mit kleineren, leichteren, spritsparenden Flugzeugen. "Unser 787 Dreamliner braucht ab 2008 pro Passagier etwa so viel Treibstoff wie ein mit zwei Personen fahrender Toyota Prius", rechnet Boeing vor - und der Prius ist wegen seiner spritsparenden Hybridtechnologie zuletzt "Auto des Jahres" geworden. Der so genannte Punkt-zu-Punkt-Verkehr sei effizienter als das System der Luftfahrtdrehkreuze, sagt der Leiter der Boeing-Marktanalyse, Drew Magill: "Durch Umsteigen entstehen Zusatzkosten, die Reise dauert länger".
Billigfluglinien werden Marktanteil verdoppeln
Er weiß, wovon er redet: Denn die Billigfluglinien, auf die in den letzten Jahren der Großteil des Zuwachses im weltweiten Luftverkehr entfiel, setzen genau auf dieses Konzept - und kaufen überwiegend Boeings "Arbeitstier", die kleine 737, das meistverkaufte Flugzeug der Welt. Und die Low-Cost-Carrier wie Ryan Air oder Air Berlin werden Studien zufolge ihren Marktanteil in Zukunft verdoppeln.
Die Branche boomt trotz aller Krisen wie "9/11", "SARS" oder den Tsunamis: Der weltweite Luftverkehr soll sich bis 2024 mehr als verdoppeln, nachdem er seit 2001 - dem großen Einbruch im Gefolge des Terrorschocks von New York - wieder um gut ein Fünftel gewachsen ist. Weltweit dürften demnach nicht weniger als 25.700 neue Flugzeuge bestellt werden.
Die Zahl der Passagierkilometer (RPK) soll von 3700 auf 9500 Mrd. steigen, das ist eine jährliche Wachstumsrate von 4,8 Prozent. Besonders kräftige Zuwächse werden für Flüge von und nach Asien erwartet - um mindestens 10 Prozent jährlich. Innerhalb Europas soll der Verkehr um 3,4 Prozent jährlich wachsen.
Europaweit sieht der große Gegenspieler des europäischen Airbus-Konzerns deshalb einen Bedarf von knapp 6700 Flugzeugen im Wert von etwa 440 Mrd. Euro, davon zwei Drittel Maschinen für bis zu 200 Passagiere mit nur einem Mittelgang. Die Zahl der Nonstop-Flüge in Europa sei seit 1990 jährlich um durchschnittlich fünf Prozent gestiegen, wobei die durchschnittliche Flugzeuggröße gleichzeitig sank, so der Boeing-Manager - mit Seitenblick auf den Super-Jumbo A 380 von Airbus, der ab Herbst 2006 bis zu 700 Passagiere von Großflughafen zu Großflughafen fliegen soll.
Bei den Auslieferungen bleibt Airbus heuer vorn
Europa - besonders der Osten - stelle auch künftig einen klaren Wachstumsmarkt mit viel versprechenden Aussichten dar. Der Luftverkehr in Europa liege derzeit bereits 21 Prozent höher als im Jahr 2000, allein im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 9 Prozent.
Boeing hat im dritten Quartal dieses Jahres mit 62 Zivilflugzeugen drei weniger ausgeliefert als vor einem Jahr - wegen eines Streiks ruhte die Produktion im September. Die Kunden hätten 2005 bisher insgesamt 217 Maschinen erhalten, teilte der US-Konzern mit - der europäische Erzrivale Airbus in den ersten neun Monaten 271 Flugzeuge an seine Auftraggeber übergeben. Bis Jahresende will Boeing 320 Flugzeuge ausliefern, Airbus 360 bis 370. In drei Jahren könnte es schon anders aussehen, auch in der EU - kürzlich hat der polnische Regierungschef Belka trotz telefonischer Intervention von Frankreichs Jacques Chirac und Großbritanniens Tony Blair für die noch staatliche Fluglinie LOT keine Airbusse, sondern Boeings "787" bestellt.