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Geschäftsordnungskomitee des Nationalrats traf sich am Dienstag - keine Details, aber Zuversicht für Reform vor dem Sommer.
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Wien. Ganz schlau wird man aus den Verhandlungen nicht. Es schaut aber so aus, als könnte es sich tatsächlich bis zum Sommer ausgehen. Die Rede ist von einem Dauerbrenner der Innenpolitik, nämlich der Reform der Untersuchungsausschüsse.
Die seit Jahren schubladisierte Einigung der Klubs, dass die Einsetzung von U-Ausschüssen ein Minderheitsrecht werden soll, hat durch die Debatte um einen Hypo-U-Ausschuss an Aktualität gewonnen. Das Geschäftsordnungskomitee verhandelt wieder, so auch am Dienstag. Nach dem Termin zeigten sich sowohl die Vertreter der Regierungs- als auch jene der Oppositionsparteien einhellig davon überzeugt, dass es noch vor dem Sommer zu einer politischen Einigung kommen könnte. Von "sehr konstruktiven Verhandlungen" sprach etwa ÖVP-Verhandler August Wöginger. So habe man sich bereits auf das Prozedere der Einsetzung durch eine Minderheit geeinigt.
Das ist nämlich gar nicht so einfach, wie es klingt. Anders als in Deutschland ist es den Abgeordneten des Nationalrats nicht erlaubt, sich der Stimme zu enthalten. Wenn nun eine Minderheit im Nationalrat - vereinbart wurden 46 Abgeordnete - einen U-Ausschuss verlangt, wären die Regierungsparteien dazu gezwungen, mit "Ja" zu stimmen. Denn bei "Nein" wäre der Ausschuss abgelehnt und das Minderheitsrecht ad absurdum geführt. Geeinigt hat man sich nun darauf, dass eine Minderheit den U-Ausschuss-Antrag stellen kann, er wird dem Geschäftsordnungsausschuss zugewiesen, der über die Verfassungsmäßigkeit entscheidet. Entspricht der Antrag der Verfassung, geht ein Bericht ans Plenum, und der Antrag ist angenommen. Wenn der Geschäftsordnungsausschuss der Meinung ist, dass der Antrag nicht verfassungskonform ist, kann die Minderheit dies vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) prüfen lassen.
Auch was die Einbindung des VfGH in Streitfällen - zum Beispiel über Aktenlieferungen oder Zeugenladungen - betrifft, ist man sich einigermaßen einig. Vor allem SPÖ und FPÖ wollten lange Zeit nichts davon wissen, dass eine Schiedsstelle beim Höchstgericht angesiedelt sein könnte. Doch nun haben sich die Parteien darauf verständigt, dass in Grundsatzfragen der VfGH angerufen werden kann. Weniger Grundsätzliches muss ein internes Gremium klären. Ob das nun wirklich ein eigener "Weisenrat" sein muss, wie das die SPÖ fordert, ist noch unklar. Für Grünen-Verhandler Dieter Brosz müsste ein internes Klärungssystem wie eine Fraktionsführersitzung reichen.
Frage der Vorsitzführung immer noch unklar
In einigen Punkten herrscht allerdings noch Diskussionsbedarf: Zum Beispiel ist immer noch nicht klar, wie die Vorsitzführung geregelt sein soll. Vergangene Woche wurde eine Einigung zwischen SPÖ und ÖVP in der Frage verkündigt: Demnach soll - gemäß dem Wunsch der SPÖ - die praktische Vorsitzführung bei einem der Nationalratspräsidenten liegen, Herr des Beweisverfahrens soll aber - das wiederum hat sich die ÖVP gewünscht - ein pensionierter Richter werden. Brosz und FPÖ-Verhandler Gernot Darmann kritisieren an diesem Vorschlag nicht nur, dass er unausgereift sei, sondern auch, dass er an der Praxis scheitern werde. Die Sichtung der Akten beschäftige stets zig Klubmitarbeiter - "Wie soll das ein einzelner Richter machen, was sonst ganze Teams erledigen?", meint Brosz. "Als selbstbewusstes Parlament müssen wir fähig sein, unseren Ausschuss selbst zu führen", sagt auch Darmann.
Rückendeckung bekam die Opposition von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer, die sich "kein Gerichtsverfahren" ins Hohe Haus holen will. Für sie wie auch etwa für Darmann reicht es aus, die Rechte des Verfahrensanwalts zu stärken. Bis zum nächsten Termin will die ÖVP die Details nachliefern.
Minderheitsrechte noch nicht wirklich ausgestaltet
Nur halb geklärt ist auch die Frage nach der Ausgestaltung der Minderheitsrechte im U-Ausschuss selbst: Bei den Zeugenladungen gesteht die Regierung der Opposition zu, einmal eine Liste mit Auskunftspersonen vorzulegen. Das ist Darmann zu wenig - schließlich ergeben sich aus den Befragungen immer wieder neue Aspekte, zu denen man dann andere Zeugen hören muss.
Noch gar nicht angesprochen wurde ein besonders heikles Thema, nämlich die Frage, ob auch die Aktenbeschaffung aus den Ministerien und Behörden ein Minderheitsrecht werden soll. "Den Koalitionsparteien muss klar sein, dass es ohne das nicht gehen wird", meint Brosz.
Es ist also noch genügend Sprengstoff vorhanden, wenn am 10. Juni weiterverhandelt wird. Zunächst einmal treffen die Mandatare aber am Freitag den deutschen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert, der Licht ins Dunkel der deutschen Regelung bringen soll. Ist die Reform dann einmal durch, wird es wohl gleich zwei U-Ausschüsse parallel geben: Einen von der Mehrheit eingesetzten zum Thema Maßnahmenvollzug und einen von der Minderheit - nämlich endlich zur Causa Hypo. Das sieht auch SPÖ-Verhandler Otto Pendl ein: "Ich gehe davon aus, dass es im Herbst einen Hypo-U-Ausschuss geben wird", sagt er.
Die neuen Regeln für
U-Ausschüsse sind schon weit gediehen, bergen
aber noch Sprengstoff.
EXPA/picturedesk.com