Ankara beschloss Strategie-Dokument. | Schatten auf Türkei-Besuch des griechischen Premiers. | Istanbul. (apa) Eigentor in Ankara: Obwohl sie die Unterstützung Griechenlands in der EU dringend braucht und den Athener Ministerpräsidenten Kostas Karamanlis im kommenden Monat zu einem historischen Besuch erwartet, droht die Türkei dem Nachbarn offiziell mit Krieg. Der "Casus Belli" ist Teil eines neuen Strategie-Papiers zu Fragen der nationalen Sicherheit, das von Regierung und Armee der Türkei gemeinsam beschlossen wurde.
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Das "Grundsatzpapier zur Nationalen Sicherheitspolitik" sollte bereits vor dem Beginn der türkischen EU-Beitrittsverhandlungen am 3. Oktober verabschiedet werden, doch wurde der Beschluss aufgeschoben, um vor dem wichtigen Datum die griechische Regierung nicht gegen die Türkei aufzubringen. Die Sorge war berechtigt. Das Papier, das den Nationalen Sicherheitsrat in Ankara passierte, ist ein merkwürdiges Dokument für einen Staat, der in die EU aufgenommen würde: Sollte das EU-Mitglied Griechenland sein Hoheitsgebiet in der Ägäis auf zwölf Meilen ausdehnen, wäre das für EU-Beitrittskandidatin Türkei ein Kriegsgrund, heißt es darin. Damit habe sich die Armee im Sicherheitsrat gegen die Regierung durchgesetzt, kommentierte die Presse.
In der Ägäis liegen das türkische Festland und griechische Inseln an einigen Stellen nur wenige Kilometer voneinander entfernt, die genaue Grenzziehung ist umstritten. Vor neun Jahren wären beide Länder im Streit um einige unbewohnte Felseninseln in der Ägäis beinahe in einen Krieg hineingeschlittert. Inzwischen haben sich die beiden langjährigen Erzfeinde zwar einander angenähert, doch die gegenseitigen Gebietsansprüche sind ungelöst. Obwohl die Türkei weit größer und militärisch viel stärker ist als Griechenland und beide Staaten Nato-Partner sind, befürchtet die türkische Armee eine feindliche "Umklammerung" ihres Landes durch den westlichen Nachbarn. Immer wieder liefern sich türkische und griechische Kampfflugzeuge über dem Meer Scheingefechte, Militärs beider Länder werfen einander vor, das jeweilige Hoheitsgebiet zu verletzen.
Härte in Ägäis-Frage
Trotz der begonnenen Aussöhnung mit Griechenland seit der spontanen Hilfsbereitschaft der Menschen in beiden Ländern nach zwei schweren Erdbeben 1999 glauben türkische Politiker und Generäle, sie müssten in der Ägäis-Frage Härte zeigen. Parlamentspräsident Bülent Arinc hingegen hatte im Frühjahr gefordert, die türkische Volksvertretung solle ihre 1995 offiziell beschlossene Kriegsdrohung gegen Athen aufheben, konnte sich damit aber nicht durchsetzen. Die Drohung bleibt aufrecht.
Der "Casus Belli" wirft deshalb einen Schatten auf den geplanten ersten offiziellen Türkei-Besuch eines griechischen Ministerpräsidenten seit 46 Jahren. Dabei gehört Karamanlis zu den wichtigsten Fürsprechern der Türkei in der EU. Der Premier geht davon aus, dass eine "Zähmung" der Türkei durch den EU-Prozess im Interesse Griechenlands ist.