Zum Hauptinhalt springen

Türkei: EU-Größen steigen auf Bremse

Von Michael Schmölzer

Europaarchiv

Ein EU-Beitritt der Türkei ist für Europa wichtig, dieser sollte aber auf keinen Fall zu schnell erfolgen: Auf diese Formel scheinen sich immer mehr einflussreiche Politiker in der EU geeinigt zu haben.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

15 Jahre würden die Verhandlungen dauern, bis die Türkei reif für eine EU-Mitgliedschaft sei: Deutschlands Außenminister Joschka Fischer , der sich prinzipiell für eine türkische EU-Perspektive stark macht, tritt auf die Bremse. "Auch die Türkei weiß: Derzeit ist das Land noch nicht reif für die EU", so Fischer gegenüber der "Bild"-Zeitung vom Donnerstag. Die Türkei müsse schließlich zu Europa passen, und das werde erst in zehn bis 15 Jahren der Fall sein.

Sehr ähnliche Töne hat zuletzt auch Frankreichs Staatschef Jacques Chirac angeschlagen: Frankreich habe zwar wie die Türkei ein Interesse daran, künftig einen gemeinsamen Weg einzuschlagen. Ankara sollte aber nicht zu früh Vollmitglied der Europäischen Union werden. Der französische Präsident hat sich bisher aus innenpolitischen Gründen stets zurückgehalten wenn es darum ging, die Idee eines türkischen EU-Beitritts unter das eigene Volk zu bringen. Zu groß sind hier Befürchtungen und Ängste. Umfragen haben gezeigt, dass kontinuierlich 50 bis 60 Prozent der Franzosen gegen eine Aufnahme des Landes am Bosporus sind. Es werde ein "langer und schwieriger Weg" werden, bis man der Türkei erlauben könne, die Vorteile der EU-Mitgliedschaft zu genießen, fasste Chirac letzte Woche seinen Standpunkt zusammen.

Brüssel unnachgiebig

Auch die EU-Kommission in Brüssel wird es laut französischen Pressemeldungen der Türkei nicht leicht machen. Man wolle die Fehler der letzten großen Erweiterungsrunde vermeiden und einen harten Verhandlungsstandpunkt gegenüber der Türkei einnehmen, soll man sich innerhalb der Brüsseler Behörde einig sein: Habe man sich in der Vergangenheit noch oft mit simplen Reform-Zusagen zufrieden gegeben, werde man dies im Fall der Türkei nicht mehr tolerieren.

Unterdessen erwartet man in der Türkei mit Spannung den Besuch von Erweiterungskommissar Günter Verheugen, der nächste Woche erfolgen soll. Der Kommissar will sich von den Fortschritten im Land überzeugen. Im Gegenzug will der türkische Ministerpräsident Recep Tayip Erdogan im Oktober eine Tour durch Europa starten, ein Besuch in Österreich soll dabei eingeplant sein.