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Türkei macht der EU den Hof

Von Heike Hausensteiner

Europaarchiv

Erstmals seit 40 Jahren besucht mit Romano Prodi der EU-Kommissionspräsident, begleitet von Erweiterungskommissar Günter Verheugen, die Türkei.


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Im Mittelpunkt der Donnerstagabend begonnenen zweitägigen Gespräche in Istanbul und Ankara steht der Wunsch des EU-Kandidaten Türkei, am Ende dieses Jahres einen Termin für den Beginn von Beitrittsverhandlungen zu bekommen. Neben einem Treffen mit Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan standen eine Ansprache Prodis im türkischen Parlament sowie eine Unterredung mit Staatspräsident Ahmet Necdet Sezer am Besuchsprogramm.

Seit 1963 ist die Türkei durch ein Assoziierungsabkommen mit der EU verbunden, durch das eine Zollunion geschaffen wurde. Das Abkommen stellt der Türkei auch die EU-Mitgliedschaft in Aussicht. Die Kommission wird ihren Bericht über die Möglichkeit von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei im Oktober vorlegen. Laut Kommission ist es für das Land machbar, bis dahin die Voraussetzungen für Beitrittsverhandlungen zu erfüllen. Es wäre allerdings schwierig, auf den türkischen Beitrittswunsch zu reagieren, wenn Soldaten dieses Landes in einem Teil eines EU-Mitglieds stünden, heißt es in Bezug auf Zypern.

In die Frage nach einer Lösung für die geteilte Insel kommt langsam Bewegung. Neuerliche Verhandlungen zwischen der griechisch-zypriotischen Republik und der neuen Regierung im türkisch besetzten Insel-Norden könnten Anfang Februar unter UNO-Aufsicht in Genf beginnen, berichteten türkische Medien. Grundlage sei der im Vorjahr am Widerstand der türkischen Zyprioten gescheiterte Vereinigungsplan von UNO-Generalsekretär Kofi Annan, der eine Föderation auf Zypern nach dem Vorbild der Schweiz vorsieht. Kommt es bis zum Erweiterungsdatum 1. Mai zu keiner Einigung, tritt völkerrechtlich zwar ganz Zypern der EU bei. Denn die Regierung des türkisch-besetzten Norden ist international nicht anerkannt. Die Türkei wäre dann aber quasi Besatzungsmacht in einem Mitgliedstaat. Die EU hat Ankara gewarnt, eine anhaltende Teilung der Insel wäre ein ernsthaftes Hindernis für die türkischen Beitrittsbemühungen.

Am Montag kommt der türkische Parlamentspräsident, Bülent Arinc, zu einem Besuch nach Österreich. Am Programm stehen Gespräche mit Bundespräsident Thomas Klestil, Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Außenministerin Benita Ferrero-Waldner.