Zum Hauptinhalt springen

Türkei muss Monate auf weitere EU-Gespräche warten

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Deutschland und Österreich für Verschiebung der Verhandlungen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Brüssel/Luxemburg. Reden oder nicht reden? In der Diplomatensprache stellt sich die Frage anders. Verhandlungen werden eher ausgesetzt oder verschoben denn abgebrochen. So berieten die Außenminister der EU bei ihrem Treffen am Montag in Luxemburg, wie sie der Türkei erklären, dass diese auf die nächste Runde ihrer Beitrittsgespräche mit der Union bis Herbst warten muss.

Noch vor kurzem war nämlich geplant, am morgigen Mittwoch nach fast drei Jahren Pause ein weiteres Verhandlungskapitel zu eröffnen. Regionalpolitik wäre das Thema gewesen; andere Bereiche werden seit längerem von Frankreich und Zypern blockiert. Doch auch weitere Länder sehen einer möglichen EU-Mitgliedschaft der Türkei mit Skepsis entgegen.

So nahmen sie die Ereignisse der vergangenen Wochen in Istanbul und anderen Städten zum Anlass, bei der Annäherung der Beitrittskandidatin Vorsicht walten zu lassen. Die Niederschlagung der Bürgerproteste dort zeige, dass das Land noch davon entfernt sei, europäische Standards zur Wahrung der Demonstrations- oder Meinungsfreiheit zu erfüllen, war etwa aus Berlin und Wien zu hören.

Daher habe es derzeit "keinen Sinn", die Verhandlungen fortzusetzen, erklärte Außenminister Michael Spindelegger nach dem Treffen mit seinen Amtskollegen. "Vielmehr brauche es einen "Bewährungszeitraum." Er spreche dabei ebenfalls für Deutschland und die Niederlande, stellte Spindelegger fest. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle betonte zwar, dass Berlin um Lösungen im Zwist mit Ankara bemüht sei. Doch soll es vor allem Deutschland gewesen sein, das sich um eine Verschiebung der Gespräche auf Herbst bemüht hat.

In anderen Ländern sorgt dies allerdings für Unzufriedenheit. So plädieren etwa Großbritannien, Luxemburg, Schweden und Griechenland für einen neuerlichen Start der Verhandlungen. Diese weiter ruhen zu lassen sei "ein Fehler", hieß es aus den Delegationen.

In der Türkei selbst löste die EU-Debatte zwar Unmut und harsche Reaktionen aus. Doch gehen Experten davon aus, dass keine der beiden Seiten die Verhandlungen völlig abbrechen möchte. Das hindert den türkischen Premier Recep Tayyip Erdogan freilich nicht daran, wiederholt den in Westeuropa kritisierten Einsatz gegen Demonstranten zu loben.

Serbiengespräche ab 14.1.

Mit erfreulicheren Nachrichten aus Luxemburg kann Serbien rechnen. Heute, Dienstag, könnten die Außen- und Europaminister nämlich ihren Staats- und Regierungschefs empfehlen, Belgrad ein Datum für den Beginn von Beitrittsverhandlungen mit der EU zu nennen. Die serbische staatliche Presseagentur Tanjug nannte unter Berufung auf hochrangige diplomatische Quellen in Brüssel als Beginn der Gespräche den 14. Jänner 2014. Ende der Woche könnten die Spitzenpolitiker dies bei ihrem Gipfeltreffen bestätigen.

Mittlerweile setzt sich nicht nur Österreich vehement für den baldigen Start der Gespräche ein, auch Deutschland ist weniger zurückhaltend als zuvor.