+++ EU-Außenminister vor Beitrittsverhandlungen. | Streit um Anerkennung Zyperns durch Ankara. | Brüssel. Am heutigen Donnerstag, beginnt für die EU ein heißer Herbst. Beim informellen Außenministertreffen in Wales steht eines der dringendsten und umstrittensten Themen für den britischen Vorsitz an: der Beginn der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei per 3. Oktober. Dass Ankara Ende Juli bekräftigt hat, das EU-Mitglied Zypern weiterhin nicht formell anzuerkennen, führt zu groben Unstimmigkeiten über den Erhalt des an sich abgemachten Termins.
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In einer Gegenerklärung soll der Beitrittskandidat am Bosporus aufgefordert werden, sämtlichen Verpflichtungen aus dem ausgeweiteten Zollabkommen vollständig umzusetzen. Im Sinne des freien Warenverkehrs müsse die Türkei es etwa zypriotischen Schiffen gestatten, in ihre Häfen einzulaufen. Das hat auch die EU-Kommission gefordert. Einig ist sich diese mit den Briten, dass Ankara sämtliche Bedingungen für den Gesprächsbeginn erfüllt hat. Aus ihrer Sicht ist der Weg frei für die Verabschiedung des Ende Juni von Brüssel vorgelegten Verhandlungsrahmens.
Frankreich, Österreich und die deutschen Christdemokraten (CDU) - die in knapp drei Wochen in Deutschland regieren dürften - können dieser Position wenig abgewinnen. Sie fordern zumindest die Aufnahme einer Alternative zum Vollbeitritt der Türkei als Verhandlungsziel in den Verhandlungsrahmen.
Verhandlungen nur mit 25 Mitgliedsstaaten
"Das Ziel der Verhandlungen ist der Beitritt", das Ende allerdings "offen", heißt es im Kommissionsvorschlag, der sich wortgleich am einstimmigen Beschluss der EU-Staats- und Regierungschefs vom Dezember 2004 orientiert.
Demnach war "die formelle Anerkennung Zyperns durch die Türkei keine Bedingung", bekräftigte die Sprecherin von Erweiterungskommissar Olli Rehn. Fest stehe allerdings, dass Beitrittgespräche nur "mit allen 25 Mitgliedsstaaten" geführt werden können.
Mit der Unterzeichnung des Zusatzprotokolls zum Ankara-Abkommen ist die Türkei dem Ratsbeschuss vom Dezember für den Beginn der Verhandlungen zwar buchstabengetreu nachgekommen. Damit dehnt sie ihre Zollunion auf die zehn neuen Mitgliedsstaaten inklusive Zypern aus. Dass die türkische Regierung mit einer Parallelerklärung aber ausdrücklich festhielt, das EU-Mitglied Zypern weiterhin nicht völkerrechtlich anzuerkennen, liegt den Verhandlungsskeptikern im Magen.
Allen voran Frankreichs Regierungschef Dominique de Villepin beharrt darauf, dass keine Beitrittsgespräche mit einem Land geführt werden können, das ein Mitglied der Europäischen Union nicht anerkennt. Die österreichische Außenministerin Ursula Plassnik und die CDU-Spitzenkandidatin Angela Merkel plädierten im Vorfeld massiv für eine Modifizierung des Verhandlungsrahmens.
Beim Treffen der EU-Botschafter am Mittwoch in der belgischen Hauptstadt habe jedoch niemand den 3. Oktober in Frage gestellt, hieß es in Ratskreisen.