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Türkei-Verhandlungen: Unerfüllbarer Wunsch

Von Martyna Czarnowska

Europaarchiv

Geringfügigere Änderungen als geplant. | Zusammenhang mit Kroatien. | Wien. Des Bundeskanzlers Worte blieben nicht unwidersprochen. "Die Ziele, die wir uns vorgenommen haben, sind allesamt erreicht", hatte Wolfgang Schüssel einen Tag nach dem Beginn von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei erklärt. Davon könne keinesfalls die Rede sein, befanden hingegen die meisten europäischen Kommentatoren. Denn die erzielten Änderungen im Verhandlungsmandat stünden in keinem Verhältnis zu dem vorhergegangenen Widerstand.


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Wenige Tage vor dem geplanten Start der Gespräche ließ Österreich mit der Forderung aufhorchen, den Beitritt der Türkei als Ziel der Verhandlungen zu streichen. "Damit ist ein Tabubruch erfolgt, denn alle wesentlichen Punkte waren bereits abgestimmt", sagt ein österreichischer Diplomat. Dem Wunsch Wiens konnten die anderen 24 EU-Staaten nicht nachgeben, da sie - gemeinsam mit Österreich - schon im Vorjahr Verhandlungen um einen Beitritt beschlossen haben.

Auf Drängen der Regierung in Wien wird allerdings die Aufnahmefähigkeit der EU als Bedingung für nächste Erweiterungen betont. Zwar wurde dieses Kriterium bereits im Dezember fixiert. Doch war es bis vor kurzem umstritten, argumentierte Außenministerin Ursula Plassnik.

Bereits festgelegt wurde ebenso, dass Verhandlungen mit jenen Ländern, "deren Beitritt erhebliche finanzielle Auswirkungen haben könnte", nicht abgeschlossen werden können, bevor ein Finanzrahmen der EU für die Jahre nach 2014 steht. Und derzeit ringen die EU-Staaten noch um das Budget für die Jahre 2007 bis 2013. Neu ist allerdings ein Passus, den Österreich hineinreklamiert hat: "Alle Abmachungen sollten sicherstellen, dass die finanziellen Lasten fair unter den Mitgliedstaaten geteilt werden." Der Beitragsrabatt für Großbritannien, an dem die Regierung in London festhält, wird nicht erwähnt - bleibt also umstritten.

Dass sich Österreich mit geringfügigeren Änderungen als beabsichtigt zufrieden gegeben hat, wird von Diplomaten in Zusammenhang mit den begonnenen Beitrittsverhandlungen mit Kroatien gebracht.

UN-Chefanklägerin Carla Del Ponte, die die volle Kooperation Zagrebs mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag bescheinigt hatte, ist unterdessen ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Wie die "Süddeutsche Zeitung" schreibt, sind Mitarbeiter des Tribunals über das Einlenken Del Pontes verärgert. Diese verneint, unter politischen Druck gesetzt worden zu sein. Medienberichten zufolge könnte aber auch die US-Regierung interveniert haben, um grünes Licht für Kroatien zu ermöglichen - und damit für die Türkei.