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Türkei weit von EU-Beitritt entfernt

Von Heike Hausensteiner

Europaarchiv

Mit der Türkei, das bereits Vertreter in den EU-Reformkonvent entsendet hat, wird es frühestens ab 2005 oder 2006 Verhandlungen über eine EU-Mitgliedschaft geben. Das sagte der Türkei-Berichterstatter des EU-Parlaments, SPÖ-EU-Abg. Hannes Swoboda, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Als "Unsinn" sieht er, dass mit dem Land bis Ende dieses Jahres Beitrittsgespräche aufgenommen werden könnten, wie das vom türkischen Außenminister, Ismail Cem, ventiliert wurde.


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"Die Türkei muss sich einmal eine interne Frist setzen", so Swoboda. Erst wenn das Land in vier, fünf Jahren so weit sei, könnte die EU tatsächlich Verhandlungen über eine Mitgliedschaft aufnehmen. Ein Beitritt der Türkei ist für Swoboda jedoch derzeit unabsehbar und völlig offen.

Das Land müsse bereit sein, Souveränität abzugeben - wofür es bisher keine Anzeichen gab. Ungelöst sei nach wie vor "die große kurdische Frage". Sogar Teilnehmer an Kurdisch-Sprachkursen würden diskriminiert, berichtet Swoboda, der soeben vom "5. Mediterranean Business Forum" aus Istanbul zurück gekehrt ist. Die im vergangenen Jahr beschlossenen Verfassungsänderungen, die u.a. den Schutz der Menschenrechte verbessern sollten, würden nach wie vor nicht umgesetzt. "Weil eine Ausführungsgesetzgebung inexistent ist", so Swoboda.

Vor 15 Jahren hat das große Land am Bosporus sich erstmals um eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union beworben. Die Türkei hat zwar bereits den Status eines Beitrittskandidaten, die EU hat aber noch keine Verhandlungen aufgenommen. "Ein Kandidatenstatus kann nicht ewig dauern", gibt Swoboda zu bedenken. Auch die Slowakei habe zunächst nur Kandidatenstatus gehabt, der aber kürzer dauerte, nachdem der seinerzeitige Premier Vladimir Meciar abgewählt wurde. "Die EU muss wissen, wer dazu gehört." Dennoch sei die Entscheidung richtig gewesen, die Türkei am EU-Reformkonvent teilnehmen zu lassen. Dass die Tatsache, dass es sich um ein islamisches Land handelt, ein Hindernis für eine EU-Mitgliedschaft sein könnte, glaubt Swoboda nicht. "Hier, bei uns leben ja genauso Moslems."

In der Zypern-Frage trete die EU "derzeit soft auf", so der Delegationsleiter der SPÖ-EU-Abg., der auch Mitglied ist im außenpolitischen Ausschuss des EU-Parlaments. Die Gespräche über eine Lösung für die geteilte Insel waren nicht zuletzt auf Druck der Union wieder aufgenommen worden. Denn Zypern, das in den Beitrittsverhandlungen bereits an vorderster Front liegt, solle jedenfalls aufgenommen werden, hat die EU signalisiert.