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Das Kippen des lange diskutierten und für Mai 2018 geplanten kompletten Rauchverbots in der Gastronomie durch die gerade in statu nascendi befindliche türkis-blaue Koalition ist einigermaßen retro. In den vergangenen Jahren haben sich die Gesundheitspolitiker von SPÖ und ÖVP abgemüht, die Österreicherinnen und Österreicher vom blauen Dunst abzubringen. Mit dem im Jahr 2015 von Rot und Schwarz beschlossenen Rauchverbot in Gaststätten sollte die Gesundheitsgefährdung und Belästigung von Nichtrauchern ein Riegel vorgeschoben werden.
Türkis-Blau bringt nun die Kehrtwende.
Zuerst zu den Fakten: In genau zwei OECD-Ländern ist der Anteil jener Menschen, die zum Glimmstängel greifen, im Zeitraum vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2015 gestiegen: in Österreich und der Slowakei. Österreich ist neben der Türkei, Griechenland und Ungarn in der OECD-Raucherstatistik auf Platz vier und mit einem Raucheranteil von beinahe 25 Prozent weit über dem OECD-Schnitt von 18,4 Prozent.
In puncto Nichtraucherschutz und Aufklärung über die Gesundheitsgefährdung durch die Nikotinsucht hätte Österreich also noch einigen Nachholbedarf.
Stattdessen hat die FPÖ sich zum Proponenten der Tabak- und Pro-Raucher-Wirte-Lobby aufgeschwungen - und nun müssen die Freiheitlichen liefern. Nachdem FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache in den Koalitionsverhandlungen in der Frage des 12-Stunden-Tages umgefallen ist, musste er ÖVP-Kanzler in spe Sebastian Kurz zumindest diesen Erfolg abringen, wenn es sein muss, auf Kosten der Gesundheit der nichtrauchenden Bevölkerungsmehrheit. Zur allgemeinen Beruhigung wird gleichzeitig zwar das Alterslimit für den Kauf und Konsum von Zigaretten von 16 auf 18 Jahre angehoben - was aber auf Bundesländerebene (dort ist man für den Jugendschutz zuständig) ohnehin längst beschlossene Sache war.
Alles in allem scheinen die Koalitionsverhandlungen ziemlich vernebelt: Ein großer Wurf war von Türkis-Blau ohnehin nie zu erwarten, für eine Politik, die Österreich fit für die Zukunft machen würde, fehlt es dieser Konstellation einfach an Fantasie und kompetentem Personal. Aber der hohe Grad an gesundheitspolitischer Verantwortungslosigkeit macht selbst jene, die sich wenig bis nichts von Türkis-Blau erwartet haben, fassungslos.