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Türkise Familienplanung

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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In Wahlauseinandersetzungen gibt es die mediale Tendenz, die Pläne von Parteien ausführlich zu beschreiben, aber bei der Frage nach deren Finanzierung die (meist eher vagen) Angaben kaum zu thematisieren. Nun hat die neue ÖVP Eckpunkte ihres Steuerkonzeptes veröffentlicht, die in Summe bis 2022 bis zu 12,7 Milliarden Euro kosten, entweder durch geringere Einnahmen oder durch neue Leistungen.

Bei der Gegenfinanzierung sieht es deutlich schwammiger aus. Vier bis fünf Milliarden davon sollen in den kommenden fünf Jahren vom dadurch ausgelösten Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum kommen. Nun liegt der "Selbstfinanzierungsgrad" von Steuersenkungen, die Konsum und Investitionen ankurbeln, laut einer Faustregel zwischen 20 und 25 Prozent. Die von der ÖVP genannten Mehreinnahmen liegen deutlich darüber, ein Risikofaktor für das Budget. Ein ebenso hoher Betrag soll aus einer Ausgabenbremse sowie weitere vier Milliarden Euro unter dem Titel "Systemeffizienz" kommen. Auf der Entlastungsseite profitieren eindeutig die Unternehmen. Die Körperschaftssteuer für nicht entnommene Gewinne soll wegfallen, Unternehmen ersparen sich so etwa eine Milliarde Euro.

Der wirkliche Hammer ist aber die Senkung der Lohnnebenkosten in Höhe von drei Milliarden Euro. Sie soll durch eine Halbierung der (hauptfinanzierenden) Arbeitgeberbeiträge zum Familienlastenausgleich FLAF erbracht werden. Dieser FLAF ist das zentrale Vehikel zur Finanzierung von Familienleistungen wie Familienbeihilfe, Kindergärten, Schülerfreifahrt oder Pensionsleistungen für Kindererziehung. Der FLAF gibt dafür jährlich etwa sieben Milliarden Euro aus.

Zwar will ÖVP-Chef Sebastian Kurz pro Kind einen neuen Steuerbonus von 1500 Euro, aber dem FLAF 40 Prozent seiner Einnahmen zu kappen, ist nur durch zwei Maßnahmen zu erreichen: Entweder der Schuldenstand des Fonds steigt weiter (was auch die Staatsschuld erhöht) - oder Familienleistungen werden gekürzt. Letzteres ist für einen ÖVP-Obmann nur als tollkühn zu bezeichnen. Und die drei Milliarden Euro an andere Körperschaften (Länder, Sozialversicherungen) zu verschieben, würde die Abgabenquote nicht verringern. Kurz liegt mit der Förderung von Mitarbeiterbeteiligungen und dem generellen Plan, öffentliches Geld effizient einzusetzen, nicht falsch. Was den FLAF betrifft, sollte er aber rasch Details liefern.