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TV und Terror

Von Andreas Rauschal

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"Die karge Informationslage von gestern, vor allem aber die perfide Professionalität dieses Anschlages, haben viele Kommentatoren, auch mich, zu voreiligen Theorien verleitet" - am Freitag hatte selbst der ansonsten äußerst besonnene Außenpolitik-Chef des ORF vorschnell gemutmaßt. In der "Zeit im Bild" spekulierte Andreas Pfeifer, Ansar-al-Islam, "eine kurdisch-islamistische Terrorgruppe, deren Gründer, ein irakischer Hassprediger, in Norwegen lebt", könnte hinter den Anschlägen von Oslo und Utöya stehen. Dass auch Terrorexperten im deutschen öffentlich-rechtlichen Fernsehen reflexhaft Al-Kaida als Attentäter vermuteten, sorgt derzeit für Diskussionen. Die "FAZ" betrachtete die TV-Berichterstattung zum Thema als "verheerende Kombination aus dem Zwang, Inhalte zu produzieren, und dem Wunsch des Publikums nach unmittelbaren Antworten", während Karim El-Gawhary den Fernsehmachern in einem Kommentar für die "taz" riet, auf den "Berufsstand des Errorexperten" doch gleich zu verzichten.

Ein Aspekt unter vielen, wenn es um die mediale Aufarbeitung des Unsagbaren geht. Mit einem "Runden Tisch" inklusive gerichtspsychiatrischer Distanzanalyse oder Chronikberichterstattung mit Österreich-Bezug, die das Treffen der Sozialistischen Jugend in Weißenbach fokussierte, wo keineswegs "alle Jugendlichen mit einer Trauermiene über das Gelände laufen (. . .). Man hört auch immer wieder Gelächter", tat sich auch der ORF sichtbar schwer. Die heikelste Frage allerdings wird sich erst stellen. Die Notwendigkeiten, dem Attentäter keine Bühne zu geben, die Bevölkerung aber an der Gerichtsverhandlung teilnehmen zu lassen, sind nicht leicht zu vereinen.