Im Dezember hat das Sozialministerium Informationen verschickt. | Keine Rechtssicherheit durch Minister-Briefe gegen Härtefälle. | Wien. Kaum ein Thema hat die Koalition in den vergangenen Wochen so auf Trab gehalten wie der Pflegestreit. Und kaum ein Thema hat für so viel Verwirrung in der Bevölkerung gesorgt. Sozialminister Erwin Buchinger hat im vergangenen Sommer eine Förderrichtlinie zur 24-Stunden-Betreuung verabschiedet, mit der er einen Anreiz schaffen wollte, illegale Pflegekräfte anzumelden. Mit 1. Jänner ist die Amnestieregelung ausgelaufen.
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Mit Jahreswechsel ist die Amnestieregelung ausgelaufen, viele Fragen sind aber noch offen:
So haben erst 300 von geschätzten 10.000 bis 20.000 Haushalten das Modell genutzt, um ihre Pfleger zu legalisieren. Die Pflege-Verantwortliche des Roten Kreuzes, Monika Wild, führt dies auf mangelnde Information zurück: Die Amnestie-Verlängerung bis Jahresende 2007 sei nicht zu einer breiten Kampagne genutzt worden. Das Sozialministerium hat erst im Dezember begonnen, Info-Briefe an Pflegegeld-Bezieher zu verschicken.
Scharfe Kritik von den Trägerorganisationen kommt auch an der Vermögensgrenze von 7000 Euro, die alle Bundesländer bis auf Vorarlberg und Niederösterreich einhalten werden. Bei der Vermögensgrenze hat man sich an der Grenze für die Heimpflege orientiert - "wenn man aber zu Hause wohnt, dann reicht das nicht aus", sagt Wild.
"Akt der Hilflosigkeit"
Weiters ist unklar, ob Krankenkassen und Behörden nicht doch die ihnen entgangenen Beiträge rückfordern werden. Zwar haben Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky und Wirtschaftsminister Martin Bartenstein den Hauptverband der Sozialversicherungsträger beziehungsweise die Landeshauptleute dazu aufgefordert, möglichst Härtefälle zu vermeiden. Rechtssicherheit bieten diese Briefe - das Sozialministerium bezeichnet sie als "Akt der Hilflosigkeit" - aber lange nicht.
Denn laut Gesetz sind Rückforderungen möglich, und das Gesetz "können und wollen wir nicht biegen", heißt es aus dem Hauptverband. Bei Anzeigen müssten die Kassen eine Prüfung einleiten - allerdings "werden wir sicher keine Schwerpunktaktionen setzen, denn es gibt Bereiche, wo es mehr zu holen gibt als in privaten Haushalten, etwa bei Baufirmen", sagt Dieter Holzweber vom Hauptverband, der das Pflegemodell als "typisch österreichische Lösung" bezeichnet.
Ebenfalls eine typisch österreichische Lösung ist der unklare Arbeitsbereich: Hausbetreuungskräfte dürfen nämlich keine Pflege-Tätigkeiten ausüben, also keine Medikamente verabreichen, keine Spritzen setzen und bei Inkontinenz keine Windeln wechseln. Das sei in der Praxis nicht durchführbar, erklärt die Expertin Wild - "das weiß jeder, aber da schaut auch jeder weg".
Schließlich ist die arbeitsrechtliche Regelung nicht so klar, wie sie auf den ersten Blick scheint: Die Arbeitsrechtsexperten Theodor Tomandl und Wolfgang Mazal haben in den vergangenen Wochen mehrfach kritisiert, dass beim Selbständigen-Modell eine klare Definition der Tätigkeit fehlt. Das Selbständigenmodell ist aber aus der Sicht Wilds das einzig leistbare.
Das Sozialministerium erklärt die Diskussion für beendet. "Die 24-Stunden-Betreuung ist auf Schiene, jetzt geht es um andere große Themen wie die Neugestaltung der Pflegevorsorge und des Pflegegelds." Dennoch drängten die Grünen bei ihrer Klubklausur in Graz am Dienstag auf eine Amnestie-Verlängerung, um Zeit zu gewinnen. Grünen-Chef Alexander Van der Bellen will nämlich die Steuerentlastung bei der für 2010 angekündigten Reform weniger hoch ausfallen lassen, dafür aber mehr Mittel für Pflege und Soziales aufwenden.
Das BZÖ forderte einen eigenen Fonds zur Finanzierung der 24-Stunden-Betreuung.
Wissen:Legalisierung illegaler Betreuungspersonen
Mit dem 1. Jänner 2008 hat die Pflegeamnestie geendet - wer eine Betreuungskraft illegal beschäftigt, muss daher mit empfindlichen Strafen rechnen. Etwa droht eine Verwaltungsstrafe, sofern man es unterlässt, die Betreuungsperson bei der Sozialversicherung anzumelden, und es zur Anzeige kommt. Die Strafen, die die Bezirksverwaltungsbehörde ausspricht, reichen von 730 bis zu 2180 Euro, im Wiederholungsfall von 2180 bis zu 5000 Euro. Weiters können die Krankenkassen ihnen entgangene Sozialversicherungsbeiträge bis zu fünf Jahre rückwirkend einfordern.
Um seine Pflegekraft zu legalisieren, gibt es zwei Möglichkeiten. Finanziell günstiger ist es, wenn die Betreuungskraft ihre Tätigkeit als selbständiger Personenbetreuer erbringt. Wesentlich teurer wird es, wenn man die Betreuungskraft selbst oder über einen Trägerverein anstellt.
Notwendig für die Legalisierung ist die Anmeldung des Wohnsitzes der Betreuungskraft sowie der Abschluss eines Personenbetreuungsbeziehungsweise Arbeitsvertrags (siehe Grafik). Im Falle der selbständigen Tätigkeit muss sich die Kraft bei Sozialversicherung und Finanzamt anmelden, beim Angestelltenmodell ist dies Aufgabe des Arbeitgebers.
Mit Selbständigen kann man sich das Entgelt aushandeln, beim Angestelltenmodell gilt der Mindestlohntarif. Legal arbeiten dürfen Betreuungskräfte aus den neuen EU-Staaten bereits seit Ende 2006.
Im Internet sind auch Musterverträge abrufbar, in denen das genaue Aufgabengebiet festgehalten werden sollte. Zur Kontrolle der Tätigkeit findet sich darin auch ein Formular für einen Stundenplan.
Vorsicht ist geboten, wenn die Arbeit der Pflegekraft über die reine Hilfe im Haushalt und bei der Lebensführung hinausgeht: Laut Gesetz dürfen Personenbetreuer keinerlei tatsächliche Pflegetätigkeiten wie die Körperpflege durchführen. Dies ist diplomiertem Krankenpflegepersonal vorbehalten.
- Hotline des Hilfswerks: 0810 820 024 (Mo-Do 10-16, Fr 10-12 Uhr)
- Salzburger Pflegetelefon: 0662/434702-55
- NÖ Pflege-Hotline: 02742/9005 - 9095.