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U-Ausschuss-Paradox

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© Luiza Puiu

Auf den Höhepunkt des U-Ausschusses mit Thomas Schmid folgt bald das Ende.


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So viel lässt sich mittlerweile mit Gewissheit feststellen: Auch die neue, noch halb türkise, halb schon wieder schwarze ÖVP will nicht klein beigeben. Die Linie dazu hat Christian Stocker, ein Rechtsanwalt aus Wiener Neustadt, den die innerparteilichen Turbulenzen zum ÖVP-Generalsekretär gemacht haben, am Montagabend in der "ZiB 2"-Konfrontation mit Armin Wolf vorgegeben.

Dieser Personalwechsel weg von der politisch unerfahrenen Laura Sachslehner hin zu Stocker zeigt immerhin, dass die Kanzlerpartei den Ernst ihrer Lage erkennt. Auch wenn das nicht in jeder Wortmeldung schwarz-türkiser Politiker ersichtlich wird. Stocker hat verstanden, dass man auch in der Hitze der Parteipolitik juristisch begründete Kritik besser mit juristisch begründeten Gegenargumenten kontern sollte, wenn man mehr als nur die letzten Hardcore-Anhänger überzeugen will.

Aus der Defensive wird die ÖVP, so oder so, nicht so schnell herausfinden. Mit dem aus heutiger Sicht für Dezember feststehenden Ende des ÖVP-U-Ausschusses hat das jedoch wenig bis nichts zu tun. Immer neue Wellen an immer neuen Ermittlungserkenntnissen, die dank der Vielzahl an einsichtberechtigten Rechtsvertretern verlässlich nach außen dringen, werden dafür sorgen. Weshalb auf die Sondersitzung des Nationalrats am Mittwoch, bei der es erneut zu einem Antrag auf Neuwahlen und einer FPÖ-Initiative zur Abwahl von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka kommt, regelmäßig die nächste Sondersitzung folgen wird.

Bemerkenswerterweise könnte sich für die Koalition das Aus des U-Ausschusses als größere Herausforderung herausstellen als für die Opposition. Die Grünen hatten in dem gegen die Kanzlerpartei gerichteten Gremium eine Art politisches Ventil, weil hier die ansonsten strenge Koalitionsdisziplin faktisch aufgehoben war. Dass hier der Regierungspartner mit ähnlicher Härte wie die Opposition gegen die ÖVP vorgeht, hat anfangs manche Schwarze und alle Türkise mehr als nur irritiert. Es dauerte, bis auch die ÖVP das pragmatisch als Gelegenheit akzeptieren konnte, bei der die Ökopartei dem Wunsch ihrer Basis nach Abrechnung mit den Jahren unter Sebastian Kurz akzeptierte.

Demnächst fehlt der Koalition dieses Ventil des kontrollierten Wutabbaus. Die Konflikte könnten sich dann verstärkt in den Ministerrat und ins Plenum verlagern. Der beständige Druck von Öffentlichkeit und Opposition könnte dann mehr und andere Wirkung zeigen. Paradox, aber vielleicht wahr: Ein neuer U-Ausschuss zu den Folgen der Ära Kurz könnte die Koalition stabilisieren. Muss er aber nicht.