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Keine Ermittlung nach Anzeige wegen Amtsmissbrauchs. | Strengere Geheimhaltung wieder aufgehoben. | Wien. Ein Staatsanwalt, der belastendes Material "übersehen" hat. Ein Abgeordneter, der als Beschuldigter geführt wurde - wenn auch "nicht im Sinne der Strafprozessordnung". Die Sitzung des Spionage-Untersuchungsausschusses am Donnerstag hat neue Unstimmigkeiten in der Vorgehensweise der Wiener Staatsanwaltschaft zu Tage befördert.
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Thema im U-Ausschuss waren die 2008 vom Grünen Peter Pilz veröffentlichten E-Mails des Ex-Innenministers Ernst Strasser (ÖVP). Aus den Mails ging hervor, dass Personalentscheidungen offenbar nach der Parteifarbe vorgenommen wurden: "der (.. .)kandidat ist nicht unserer!!!!", heißt es etwa in einem Mail über einen Polizisten. Dazu lagen bei der Staatsanwaltschaft Wien zwei Anzeigen vor: Eine gegen das Ministerbüro wegen Amtsmissbrauchs und eine von Strasser gegen unbekannte Täter, der von "gestohlenen E-Mails" sprach. Offensichtlich ging es in den Ermittlungen aber mehr um die Suche nach der undichten Stelle, als um die Frage des Amtsmissbrauchs. Auf die Frage von Pilz, ob er einen Ermittlungsauftrag bezüglich der Postenbesetzungen erteilt habe, antwortete der zuständige Staatsanwalt Christian Walzi mit "Nein".
"Verjährung drohte"
Ihm sei zwar nicht der Vorwurf des Amtsmissbrauchs entgangen, er habe aber übersehen, dem ermittelnden Büro für Interne Angelegenheiten (BIA) die Mails zukommen zu lassen.
Laut Pilz war der Verdacht des Amtsmissbrauchs aber "akut von Verjährung bedroht". Auch das Justizministerium wollte diesen Verdacht geklärt wissen und mahnte im Dezember 2008 nachträgliche Ermittlungen ein. Diese ergaben allerdings nichts mehr, wie Walzis Nachfolger Stefan Apostol in seiner Befragung sagte: Der Großteil der Vorwürfe war demnach zu diesem Zeitpunkt verjährt.
Pilz hält das Vorgehen Walzis für Amtsmissbrauch und überlegt eine Anzeige.
Sehr wohl ermittelt hat man laut Walzi in Richtung Daten-Klau. Er gab zu, sich dabei weitgehend an die in der Anzeige geäußerten Wünsche Strassers gehalten zu haben. Der Ex-Innenminister hatte unter anderem angeregt, einen angeblich Pilz zugespielten Datenträger mit den Mails zu beschlagnahmen. Walzi bat daraufhin das BIA, eine solche Beschlagnahme anzuregen. Dazu kam es nie, die Vorgehensweise erschien den Abgeordneten vor dem Hintergrund der parlamentarischen Immunität dennoch als fragwürdig.
Zuvor hatte Pilz bei der Befragung von Oberstaatsanwalt Michael Klackl einen neuen Fall aufs Tapet gebracht. Er warf Klackl vor, 2006 bei Ermittlungen gegen den Ex-Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), Gert René Polli, auch gegen ihn selbst ermittelt zu haben. Und zwar, ohne zuvor die Aufhebung der Abgeordnetenimmunität zu beantragen.
Blecha und der Iran
Klackl bestätigte zwar, dass Pilz im Register des entsprechenden Akts als Beschuldigter geführt worden sei. Dies sei aber "ein reiner Formalakt" gewesen. Pilz sei als Zeuge befragt worden, "es hat keine Ermittlungsschritte gegeben, die mir bekannt wären", so Klackl. Pilz hatte Polli zu enge Kontakte zu iranischen Behörden vorgeworfen und ihn wegen Amtsmissbrauchs angezeigt.
Apropos Iran: Pilz zitierte im U-Ausschuss auch aus einem Akt, wonach sich Ex-SPÖ-Innenminister Karl Blecha mit einer iranischen Biowaffen-Delegation getroffen haben soll. Die Delegation stand unter BVT-Beobachtung, Polli soll laut Pilz angeordnet haben, die dabei geschossenen Fotos so "anzufertigen, dass der ehemalige Innenminister nicht im Bild ist".
Kurz vor 16 Uhr wurde die Sitzung für eine Besprechung der Fraktionsführer mit Nationalratspräsidentin Barbara Prammer unterbrochen. Dabei einigte man sich auf die weitere Vorgehensweise in Sachen Geheimhaltung. Prammers Weisung, wonach sämtliche neu angelieferte Unterlagen als "geheim" eingestuft werden, ist wieder aufgehoben. Stattdessen sollen die Ministerien künftig genauer unterscheiden, ob ein Akt als "vertraulich" oder als "geheim" eingestuft wird. Ist Zweiteres der Fall, soll das künftig begründet werden, so Prammer.
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