)
Das neue Wiener U-Bahn-Paket ist geschnürt, die Verlängerungs-Strecken bis zum Jahr 2019 sind definiert - doch bei der Präsentation am Donnerstag in der neuen U2-Station Krieau wollte nicht so recht Freude aufkommen. Denn Finanzminister Wilhelm Molterer und Vizebürgermeisterin Renate Brauner mussten sich unangenehme Fragen gefallen lassen - über jene Abschnitte, die wieder nicht im Paket enthalten sind.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Denn auch künftig wird sich nichts daran ändern, dass die U-Bahn-Gleise bis zur Stadtgrenze - und keinen Millimeter darüber - gebaut werden. Selbst in Zeiten des großen europäischen Denkens gilt den Wienern Niederösterreich immer noch als infrastrukturelles Feindesland. Nicht anders ist zu erklären, dass das größte Einkaufszentrum Europas, die "Shopping-City-Süd" (SCS) in Vösendorf, erneut U-Bahn-technisch links liegen gelassen wird.
Der Treppenwitz ist allerdings, dass sehr wohl eine U-Bahn nach Rothneusiedl (Wiener Hoheitsgebiet!) gelegt wird. Denn dort soll bekanntlich nicht nur ein neues Austria-Stadion gebaut werden, sondern auch ein großes Einkaufszentrum - sinnigerweise mit dem Arbeitstitel: zweite Shopping-City-Süd. Die beiden Konsumtempel würden sich dann nur einige hundert Meter Luftlinie von einander entfernt befinden . . .
Doch dieser vermeintliche Schildbürgerstreich hat im regionalen Denken der Landespolitiker durchaus seine Logik: Von einem Einkaufszentrum in Wien profitiert vor allem die Bundeshauptstadt - während sie seit Jahren schon unter dem Kaufkraftabfluss nach Niederösterreich leidet, weil die Städter ihr Geld über die Landesgrenze schaffen. Daher ist eine U-Bahn nach Vösendorf pures Gift für jeden Wiener Finanzstadtrat, während jeder Verkehrsstadtrat (leise) jubeln würde, weil die alltägliche Verkehrslawine eingedämmt wird. So hat auch Verkehrsstadtrat Rudolf Schicker die Verknüpfung von Badner Bahn mit der U6 in seinen Masterplan Verkehr festgeschrieben - umsonst.
Dabei ist diese Variante nicht nur technisch, sondern auch finanziell einer echten U-Bahn vorzuziehen. Kosten von zumindest 50 Millionen Euro sind ein Pappenstiel im Vergleich zum aktuellen, 1,85 Milliarden Euro schweren Ausbaupaket. Und da U6 und Badner Bahn die selben Garnituren verwenden, wäre eine doppelte Gleisnutzung verhältnismäßig unkompliziert.
Es scheint daher hoch an der Zeit, die Grenz-Befindlichkeiten und Standortwettkämpfe zwischen Wien und NÖ mittels regionalem Finanzausgleich auszuhebeln - bei dem freilich nicht nur der Geldkuchen, sondern auch die Infrastrukturkosten aufgeteilt werden. Schließlich kommt der engstirnige U-Bahn-Bau allen österreichischen Steuerzahlern gleich teuer: Im Fall von Rothneusiedl kostet die U1 auf die grüne Wiese 770 Millionen Euro. Nach alter Währung ist das die Kleinigkeit von 10,5 Milliarden Schilling. 13